Rz. 198

Versicherungsfall ist – abweichend von den AHB – der während der Wirksamkeit der Versicherung erfolgte Rückruf.[403] Dieser wurde schon im jeweiligen zweiten Absatz der Ziff. 2 der beiden Vorgänger-Modelle (Stand 2004 und Stand 2006) "definiert". Ergänzt wurde – darauf wird noch zurückzukommen sein – in beiden Modellen, dass ein solcher Rückruf "auf gesetzlicher Verpflichtung" beruhen muss. Als Rückruf gilt, neben den im Einzelnen angeführten Tatbestandsmerkmalen, auch die Warnung (vgl. Musterbedingungen für Hersteller und Handelsbetriebe) vor nicht sicheren Erzeugnissen, soweit aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen zur Vermeidung von Personenschäden eine Warnung ausreichend ist.[404] Im Rückrufkostenmodell für Kfz-Teile-Zulieferer genügt auch die ­"Benachrichtigung" an die Kfz-Halter.

 

Rz. 199

Die Formulierung "auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Aufforderung" ist nicht ohne Weiteres und nicht aus sich heraus verständlich (siehe dazu Rdn 173). Sie wird weder in Ziff. 2 der Musterbedingungen des GDV, noch im Modell – vergleiche insoweit nahezu deckungsgleich in Ziff. 6.2.8 des Produkthaftpflicht-Modells – definiert. Zu Recht wird deshalb erwähnt, dass diese aufgenommene Ergänzung auf den ersten Blick verwundert.[405] Die Aufnahme der zitierten Ergänzung erstaunt, da eine Rückrufverpflichtung – soweit feststellbar – gesetzlich nicht wirklich uneingeschränkt und hinreichend bestimmt normiert ist (siehe Rdn 173 zu den Ausführungen zu Ziff. 6.2.8 des Produkthaftpflichtmodells).

Die Problematik bei der Formulierung der Musterbedingungen liegt dabei auf der Hand: Der Versicherer kann nicht mit dem sich aus dem AGB-Recht an sich notwendigen "Bestimmtheitserfordernis" transparent auf die "einschlägige Rechtsprechung" verweisen, die zudem den "Rückruf" unter bestimmten Voraussetzungen – ja auch nur in Einzelfällen – als Pflicht des Herstellers feststellt und zudem in sich ebenfalls nicht gänzlich ohne Widerspruch entscheidet.[406] Es gilt, möglichst präzise den Eingriffstatbestand zu beschreiben (§§ 305, 307 BGB). Bei weiter Auslegung der Formulierung "auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Aufforderung" ist dem Transparenzgebot daher m.E. genüge getan. Daher dürften die Musterformulierungen insgesamt wirksam sein.[407]

[403] Vgl. dazu Lenz, Die Auswirkungen der Rechtsprechung zum Rückruf, in: FS für Wienand Meilicke, 417 ff.; vgl. auch Lenz, Produkthaftung, § 4, S 273 ff.
[404] Die Abgrenzung kann im Einzelfall äußerst schwierig sein; vgl. dazu Lenz, Die Auswirkungen der Rechtsprechung zum Rückruf, in: FS für Wienand Meilicke, 417 ff.
[405] Kettler/Visser, PHi 2004, 217; "Überraschend" i.S.d. § 305 c BGB ist sie deshalb aber m.E. nicht.
[406] Vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 594 – Dunstabzugshaube; LG Hamburg VersR 1994, 299, 300 – Rettungsinsel und demgegenüber die landgerichtlichen Entscheidungen, LG Bielefeld PHi 2006, 18; LG Arnsberg v. 6.5.2003, zitiert bei Lenz, PHi 2007, 135 Fn 3, LG Frankfurt VersR 2007, 1575 und die Entscheidung des OLG Hamm BB 2007, 2367.
[407] Vgl. dazu weitergehende Ausführungen zu Ziffer 6.2.8. des Produkthaftpflichtmodells.

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