Rz. 113

Zunächst ergibt sich zwanglos aus dem Wortlaut der Ziff. 4.4.2.1, dass die Kosten für den Austausch des mangelhaften Erzeugnisses gedeckt sind. Der Begriff des "Austauschs" selbst wird in den Bedingungen nicht definiert, aber immerhin umschrieben ("d.h."). Gerade durch die Formulierung "d.h." wird verdeutlicht, dass die dort angeführten Begriffspaare "Ausbauen/Ein­bauen, Abnehmen/Anbringen, Freilegen/Verlegen und Entfernen/Auftragen"[203] nur beispielhafte Aufzählungen sind. Daraus folgt zugleich, dass die Austauschvarianten weit auszulegen sind. Entscheidend ist, dass jedwedes zu Zwecken des Austausches erfolgende Verhalten erfasst wird, eben aber nur solche Tätigkeiten, die zum Zwecke des Austauschs des Erzeugnisses tatsächlich auch erforderlich sind.[204] Umgekehrt gehören aufgrund der weiten Formulierung auch der "Wiedereinbau eines mangelfreien Erzeugnisses", also die Kosten der Mangelbeseitigungsmaßnahme, zu den gedeckten Kosten.

 

Beispiel[205]

Der Versicherungsnehmer hat mangelhafte Dachbahnen geliefert, die – in eingebautem Zustand – die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht nicht aushalten, sondern sich – wegen teerhaltiger Substanzen – ausdehnen und wiederum übermäßig zusammenziehen. Dadurch kommt es zu Wasserschäden. Der Bauherr kann nach Ziff. 4.4.2.1 grundsätzlich das Abnehmen der Dacheindeckung und Ersatz durch Neuverlegung mangelfreier Bahnen verlangen.

 

Rz. 114

Gedeckt sind – wie beschrieben – Kosten für den Austausch "mangelhafter Erzeugnisse". Insofern ist auf die Ausführungen zur Mangelhaftigkeit zu den Ziff. 4.2 ff. zu verweisen. Der Mangel muss tatsächlich vorhanden sein; bloßer Mangelverdacht genügt aufgrund des eindeutigen Wortlautes nicht. Dies hat weitreichende Auswirkungen. War nur ein Teil einer Charge der verwendeten Erzeugnisse mangelhaft, werden jedoch alle ausgetauscht, weil die Überprüfung und Sortierung zu teuer wäre, erstreckt sich der Deckungsschutz nur auf die tatsächlich mangelbehafteten Erzeugnisse.[206] Aus der Formulierung selbst, dass es sich eben um ein "mangelhaftes" Erzeugnis handeln muss, dürfte bereits folgen, dass gerade die Kosten der Überprüfung, die dazu dienen, festzustellen, welche Produkte nur mangelverdächtig und welche tatsächlich mangelhaft sind, vom Deckungsbaustein Ziff. 4.4.2.1 nicht erfasst werden.[207] Dies folgt aber auch aus den weiteren Bausteinen, insbesondere aus Ziff. 4.6 des Modells, die zeigen, dass die Kosten zur Prüfung und Sortierung nur fakultativ gedeckt werden. Bei einer Gesamtbetrachtung des Modells ergibt sich daher zwanglos der Rückschluss, dass die Kosten zur Auffindung des Mangels eben nicht von Ziff. 4.4.2.1 gedeckt sind.[208]

 

Rz. 115

Bei der Frage, was die "Kosten" für das Ausbauen, Abnehmen, Freilegen oder Entfernen mangelhafter Erzeugnisse und das Einbauen, Anbringen, Verlegen oder Auftragen mangelfreier Erzeugnisse ausmacht, ist zu erwähnen, dass dazu alle dafür notwendigen Arbeitskosten, wie Reisekosten, Überstundenzuschläge, Spesen und Übernachtungskosten für Montagepersonal zählen. Dazu gehören auch Kosten für eine notwendige Montageüberwachung, für Arbeitsmittel (auch Verschleißscheiben), etwaige Zubehörteile und Zusatzmaterialien, die für die Montage notwendig sind (z.B. Kleinteile wie Schrauben, Dichtungen und Muttern).[209] Da der Begriff der "Kosten" im Modell nicht explizit erläutert worden ist, ist er auszulegen. Als gesichert dürfte dabei gelten, dass kein Versicherungsschutz für die Entsorgung oder Vernichtung mangelhafter und gerade deshalb ausgebauter Erzeugnisse nach dem Modell besteht.[210] Zu Recht wird dies in der Literatur damit begründet, dass derartige Kosten eben nicht zu den Beseitigungs- und Ausbauaufwendungen gehören, vielmehr erst nach Abschluss des – der Tätigkeit nach – gedeckten Ausbaus anfallen.[211]

 

Rz. 116

Auf Anhieb nicht ganz einfach zu verstehen ist der Klammerzusatz in Ziff. 4.4.2.1 – "(nicht jedoch von deren Einzelteilen)". Gedeckt sein sollen nach Ziff. 4.4.2 ausschließlich Schadenersatzansprüche wegen Kosten für den Austausch mangelhafter Erzeugnisse, nicht jedoch Schadenersatzansprüche wegen des Austausches von Einzelteilen des "gelieferten" Erzeugnisses. Interpretiert man den Klammerzusatz, so fällt es leichter, diesen zu verstehen, wenn man die "Lieferung" mit einbezieht, die sich nahezu zwanglos ergibt. Beispielhaft sei erwähnt die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 27.12.2002.[212]

 

Rz. 117

 

Beispiel: "Lamellenbremsen in Achsgehäusen"

Die Versicherungsnehmerin stellte Achsen verschiedenen Typs her. Diese lieferte sie an eine Firma P in Schweden, die die von der Versicherungsnehmerin hergestellten Achsen in Waldarbeitsfahrzeuge einbaute. Innerhalb der Achsgehäuse waren Lamellenbremsen eingebaut, in deren Bereich im Laufe der Zeit aufgrund von schadhaften Dichtungskomponenten Leckagen auftraten, die dazu führten, dass die Bremsen nicht mehr funktionsfähig waren. Die Versicherungsnehmerin führte die Nachbesserung der Bremsen auf eigene Kosten durch. Zu diesem Zwe...

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