a) Antragsberechtigung

 

Rz. 256

Die Klagpflegschaft des § 1961 BGB wird nur auf Antrag des Berechtigten angeordnet. Der Antrag muss nicht schriftlich gestellt werden, er kann nach § 25 FamFG auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts oder der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts erfolgen. Nach § 10 FamFG kann sich der Nachlassgläubiger auch durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf Anordnung des Gerichts oder auf Verlangen eines Beteiligten ist die Bevollmächtigung durch eine öffentlich beglaubigte Vollmacht nachzuweisen, § 11 FamFG. Im Gegensatz zur Regelung des § 1960 BGB steht die Bestellung bei § 1961 BGB nicht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Sie muss vielmehr, sofern die Voraussetzungen des § 1960 Abs. 1 BGB vorliegen, angeordnet werden, wenn ein dahingehender, mit der Absicht gerichtlicher Geltendmachung begründeter Antrag vorliegt.[168]

[168] Soergel/Stein, § 1961 Rn 1.

b) Unbekanntheit der Erben

 

Rz. 257

Voraussetzung der Anordnung der Klagpflegschaft ist, dass der Erbe unbekannt ist. Andernfalls steht dem Gläubiger der Erbe als Rechtsnachfolger zur Verfügung. Der Erbe ist auch unbekannt, wenn von mehreren bekannten Personen über das Erbrecht gestritten wird. Der Antragsteller hat in seinem Antrag darzulegen, dass der Erbe unbekannt ist. Er hat also schlüssig darzulegen, dass derzeit kein bekannter Erbe vorhanden ist. Entscheidend ist, wie sich die Situation aus der objektiven Sicht des Nachlassgläubigers darstellt, nicht – wie bei § 1960 BGB –, wie sie sich vom Standpunkt des Nachlassgerichts darstellt. Sein Antrag initiiert lediglich eine vom Nachlassgericht dann von Amts wegen vorzunehmende Tätigkeit.[169] Das Nachlassgericht muss gem. § 26 FamFG von Amts wegen ermitteln und ggf. durch Vernehmung des Antragstellers auf die Beschaffung der nötigen Angaben hinwirken, darf aber die Einleitung der Klagpflegschaft nicht wegen der fehlenden Beibringung ablehnen, wenn deren Beschaffung dem Antragsteller aufgrund komplizierter erbrechtlicher Verhältnisse unzumutbar ist.

[169] Soergel/Stein, § 1961 Rn 3.

c) Gerichtliche Geltendmachung

 

Rz. 258

Es muss dargelegt werden, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird. Gerichtliche Geltendmachung ist auch die Zwangsvollstreckung oder ein Arrestantrag. Eine Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich. Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, die Voraussetzungen zu ermitteln.

 

Praxishinweis

Zur Beschleunigung der Entscheidungsfindung ist es aber sicherlich anzuraten, dass der Antragsteller alle ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel vorlegt, die seinen Antrag rechtfertigen.

 

Rz. 259

Sind die Erben unbekannt, weil der sofortigen Erteilung eines Erbscheins tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten entgegenstehen, deren Klärung im Erbscheinsverfahren nicht abzusehen ist, bzw. wurde die Erbschaft noch nicht angenommen, so kann zur Durchführung der Zwangsvollstreckung ein Nachlasspfleger bestellt werden.[170] An einem gegen den Nachlass gerichteten Anspruch fehlt es z.B. dann, wenn einzelne Miterben sich aus der Gesamthandsgemeinschaft ergebende Ansprüche gegen andere, noch nicht feststehende Miterben durchsetzen wollen.[171] Hier richtet sich der Anspruch nicht gegen den Nachlass, sprich die Erbengemeinschaft, sondern gegen die Miterben.[172] Wenn jedoch der feststehende Miterbe einen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft hat (z.B. verauslagte Bestattungskosten, Kosten der Räumung des Pflegeheimes), kann mit diesem Anspruch die Klagpflegschaft beantragt werden.

 

Rz. 260

Es muss zudem ein Rechtsschutzinteresse gegeben sein. Dieses Interesse ist zu verneinen, wenn die beabsichtigte Verfolgung offensichtlich mutwillig oder unbegründet ist.[173] Im Übrigen kommt es darauf an, ob der Nachlassgläubiger zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs eines Nachlasspflegers bedarf.[174] Dies ist dann nicht der Fall, wenn ein Testamentsvollstrecker ernannt ist, gegen den nach § 2213 Abs. 1 S. 1 BGB ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden kann. Bei der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs gilt dies jedoch nicht, da die gerichtliche Geltendmachung gegen den Testamentsvollstrecker nach Maßgabe des § 2213 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ausgeschlossen ist.

 

Rz. 261

Muster 12.21: Antrag des Gläubigers auf Anordnung der Klagpflegschaft

 

Muster 12.21: Antrag des Gläubigers auf Anordnung der Klagpflegschaft

An das

Amtsgericht _________________________

– Nachlassgericht –

Nachlasssache: _________________________

Hiermit zeigen wir an, dass wir _________________________ vertreten. Vollmacht anbei.

Namens und im Auftrag von _________________________ stellen wir folgenden Antrag:

Zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs gegen den Nachlass des am _________________________ in _________________________ verstorbenen _________________________ beantragen wir die Bestellung eines Nachlasspflegers gem. § 1961 BGB.

Begründung:

Am _________________________ verstarb Herr _________________________ in _________________________.

Es wird um das Erbrecht gestritten.

Ein Erbschein wurde bislang nicht erteilt.

Dem Antragsteller st...

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