Rz. 116

Hat der Arbeitgeber seine Mitteilungspflicht ordnungsgemäß erfüllt, besteht für den Betriebsrat Gelegenheit, zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitgebers Stellung zu nehmen. Hat der Betriebsrat gegen die Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen, und zwar bei einer ordentlichen Kündigung spätestens innerhalb einer Woche gem. § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Bei einer außerordentlichen Kündigung hat die Stellungnahme "unverzüglich", spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen gem. § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG zu erfolgen. Bei der ordentlichen Kündigung besteht weiterhin die Möglichkeit, nach Maßgabe des § 102 Abs. 3 BetrVG zu widersprechen. Für die Stellungnahme (Bedenken und/oder Widerspruch) und das durchzuführende Verfahren ist der anhörungsberechtigte Betriebsrat zuständig, der nach Eingang der Mitteilung des Arbeitgebers für dieses Verfahren auch zuständig bleibt.

 

Rz. 117

Nach Erhalt der Anhörungsmitteilung hat der Betriebsratsvorsitzende eine Betriebsratssitzung einzuberufen. Hierbei ist die Tagesordnung gem. § 29 Abs. 2 BetrVG rechtzeitig mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind zu informieren. Nach § 102 Abs. 2 S. 4 BetrVG ist der zu kündigende Arbeitnehmer anzuhören. Verzichtet der Betriebsrat hierauf, wird dadurch das Anhörungsverfahren nicht unwirksam.[169] Eine etwaige Stellungnahme des Betriebsrats erfolgt gem. § 33 BetrVG durch Beschluss. Dies gilt auch für die Entscheidung eines nach § 28 Abs. 1 S. 2 BetrVG berufenen Ausschusses. Zu beachten ist, dass es sich bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht um ein laufendes Geschäft i.S.v. § 27 Abs. 3 S. 1 BetrVG handelt. Eine Delegation des Organs auf den Vorsitzenden bzw. ein einfaches Mitglied kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der darin liegende Verzicht auf Beteiligungsrechte ist rechtsunwirksam. Nach herrschender Meinung genügt das so genannte Umlaufverfahren für den Beschluss nach § 33 BetrVG nicht. Es ist also notwendig, die Beratung in einer Sitzung des Betriebsrats oder des dafür zuständigen Ausschusses durchzuführen. Nimmt der Arbeitgeber an der Betriebsratssitzung, in der über die Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung beschlossen werden soll, teil, dann berührt dies die Ordnungsgemäßheit des Anhörungsverfahrens nicht.[170]

 

Rz. 118

Nach § 102 Abs. 2 S. 4 BetrVG soll der Betriebsrat, soweit dies erforderlich scheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. Mit dieser Anhörung soll zum einen dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, aus seiner Sicht den Sachverhalt darzustellen. Ferner soll der Betriebsrat in Anbetracht der Widerspruchsgründe nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 BetrVG auch feststellen, ob der Arbeitnehmer z.B. sein Einverständnis zu einer Weiterbeschäftigung unter geänderten Vertragsbedingungen erklärt hat oder erklären würde.

[169] BAG v. 2.4.1976, AP Nr. 9 zu § 102 BetrVG 1972; Schütte, NZA 2011, 263.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge