Rz. 57

Die Einleitung des Verfahrens hat gegenüber dem "richtigen" Betriebsrat zu erfolgen. Die Mitteilung des Arbeitgebers ist gegenüber dem Betriebsrat, also gegenüber dem Vorsitzenden des Betriebsrats bzw. im Falle dessen Verhinderung seinem Stellvertreter gem. § 26 Abs. 3 S. 2 BetrVG, zu erklären. Hat der Betriebsrat einen besonderen Ausschuss (Personalausschuss) gebildet, der für die Beteiligung nach § 102 BetrVG zuständig ist, so ist in einem derartigen Fall der Vorsitzende des Ausschusses berechtigt, die Mitteilung des Arbeitgebers nach § 102 Abs. 1 BetrVG entgegenzunehmen.[74] Der Betriebsrat kann auch ein anderes Mitglied zur Entgegennahme ermächtigen, wobei dieses lediglich Erklärungsbote des Arbeitgebers ist, mit der Folge, dass die Mitteilung erst wirksam zugeht, wenn sie dem Betriebsratsausschuss, also dessen Vorsitzenden, zugeht. Sind der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter im Urlaub und sind für diesen Fall keine Vertretungsregelungen (mit dem Arbeitgeber) getroffen, dann ist nach der Rspr. des BAG jedes Betriebsratsmitglied berechtigt, die Mitteilung des Arbeitgebers für den Betriebsrat entgegenzunehmen.[75] Für den Fall, dass alle Betriebsratsmitglieder verhindert sind, genügt der Arbeitgeber seinen Mitteilungspflichten dadurch, dass er die Mitteilung dem Betriebsrat nach allg. Regeln zugehen lässt. Die vom Arbeitgeber abgegebene Mitteilung ist gegenüber dem Betriebsrat wirksam, wenn bei mündlicher Abgabe die empfangsberechtigte Person diese Mitteilung wahrgenommen und verstanden hat.[76] Bei schriftlicher Abgabe gelten die allgemeinen Zugangsregeln bei empfangsberechtigten Personen. Grundsätzlich sind Mitteilungen innerhalb der Arbeitszeit und innerhalb der Betriebsräume abzugeben.[77]

 

Rz. 58

Zu beachten aber ist auch, ob ausnahmsweise ein Arbeitnehmer gleichzeitig mehreren Betrieben zugeordnet ist.[78] Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich und regelmäßig seine Arbeitsleistungen in mehr als einem Betrieb des Arbeitgebers erbringt. Eine solche Zuordnung zu mehreren Betrieben kommt auch dann in Betracht, wenn ein Arbeitnehmer vom Stammbetrieb aus Arbeiten in einem anderen Betrieb wahrnimmt. Dies gilt auch dann, wenn derartige Aufgaben zu dem anderen Betrieb ggf. nur vorübergehend verlagert worden sind. Zu bedenken ist, dass die bloße vertraglich wirksam vorgesehene Möglichkeit, einen Arbeitnehmer ggf. in mehreren Betrieben des Unternehmens einsetzen zu können, insoweit nicht ausreicht.[79]

 

Rz. 59

Ein weiteres Problem, den "richtigen" Betriebsrat zu bestimmen, kann sich auch dann ergeben, wenn ein Beendigungsszenario im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Versetzung zu beurteilen ist. Ist die Versetzung wirksam, dann ist der Betriebsrat des Betriebes zuständig, in den der Arbeitnehmer versetzt wurde. Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit, sollten wiederum beide Betriebsräte (der des abgebenden und der des aufnehmenden Betriebs) angehört werden.

 

Rz. 60

Auch bei einem Betriebsübergang, einem Teilbetriebsübergang oder einer Betriebsspaltung kann es zu Konstellationen kommen, in denen nicht eindeutig klar ist, welcher Betriebsrat, ggf. im Rahmen eines Übergangs oder Restmandats, nach §§ 21a, 21b BetrVG anzuhören ist. Auch hier sollte "im Zweifel" der sicherste Weg gegangen werden und eine Anhörung aller bei einem Betriebsübergang/Teilbetriebsübergang oder bei einer Betriebsspaltung in Betracht kommenden Betriebsräte erfolgen.

Zu beachten ist ferner, dass ein Arbeitnehmer, der von seinem Recht gem. § 613a Abs. 6 BGB Gebrauch gemacht und dem Betriebsübergang widersprochen hat, nicht mehr Arbeitnehmer des übergegangenen Betriebs ist, denn mit Zugang des Widerspruchs endet die Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu dem (übergegangenen) Betrieb. Der Arbeitnehmer ist dann (ggf. wieder) Arbeitnehmer des Betriebs, dem er nach dem Widerspruch zugehört. Der Betriebsrat des übergegangenen Betriebs/Betriebsteils ist dann nicht anzuhören; aber auch hier empfiehlt es sich, dies "im Zweifel" vorsorglich zu tun.[80]

 

Rz. 61

 

Praxishinweis

Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass der von der Kündigung bedrohte Arbeitnehmer dem Betrieb, für den der Betriebsrat gebildet worden ist, angehört. Die Anhörung eines falschen Betriebsrats macht die Kündigung unwirksam. Insbesondere in Fällen vorübergehender Entsendung eines Arbeitnehmers in einen anderen Betrieb ist zu prüfen, zu welchem Betrieb die Zugehörigkeit im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne besteht. Im Zweifel sollten vorsorglich beide Betriebsräte angehört werden.

 

Rz. 62

Besonderheiten gelten bei einem Betriebsübergang. Hier ist zu differenzieren. Wird ein ganzer Betrieb übertragen und als eigenständige organisatorische Einheit fortgeführt bei Wahrung der Betriebsidentität, dann bleibt der bisherige Betriebsrat in unveränderter Form bestehen, sodass der "alte" Betriebsrat anzuhören ist. Kommt es zur Spaltung und Zusammenlegung von Betriebsteilen mit daraus resultierendem Verlust der Betriebsidentität, dann kommt in Abhäng...

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