Rz. 18

Probleme bringen die vielfach noch verwandten Formulierungen, dass einer der nächsten Angehörigen auf den Pflichtteil verwiesen wird. Sie lauten oftmals wie folgt: "Mein Sohn soll nur seinen Pflichtteil erhalten." Hierin kann zum einen eine Erbeinsetzung in Höhe des Pflichtteils zu sehen sein, was allerdings nach der Auslegungsregel des § 2304 BGB nicht vermutet wird. Es kann sich aber auch um eine Vermächtnisanordnung in Höhe des Wertes des gesetzlichen Pflichtteils handeln. Die Vermächtnisausweisung des Pflichtteils konnte bei den vor dem 1.1.2010 eintretenden Erbfällen wegen § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. insbesondere wegen der längeren Verjährungsfrist für den Pflichtteilsanspruch (beim Vermächtnis 30 Jahre, beim Pflichtteil drei Jahre) bedeutsam sein.

 

Rz. 19

Des Weiteren kann diese Anordnung aber auch als selbstständiger Ausschluss des Betreffenden von der gesetzlichen Erbfolge zu verstehen sein (§ 1938 BGB). Daneben kommt letztlich ein bloßer Hinweis auf die gesetzliche Rechtslage in Betracht. Wie man sieht, können durch eine unbedachte Formulierung erhebliche Auslegungsstreitigkeiten heraufbeschworen werden.

 

Rz. 20

Bestand eine Ehe in Zugewinngemeinschaft, so werden die Probleme noch weiter potenziert: Handelt es sich bei dieser Anordnung um ein Vermächtnis, so stellt sich die Frage, in welcher Höhe dieses zugewendet wird: in Höhe des großen Pflichtteils (aus dem nach § 1371 Abs. 1 BGB erhöhten Erbteil bemessen) oder aber nur in Höhe des kleinen.

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