I. Muster: Rechnungsprüfung aus Auftragsgebersicht

 

Rz. 5

Muster 12.4: Rechnungsprüfung aus Auftragsgebersicht

 

Muster 12.4: Rechnungsprüfung aus Auftragsgebersicht

_________________________ (Adresse)

Sehr geehrte/r Herr/Frau _________________________,

Sie baten uns, die Rechnungen Ihres Auftragnehmers im Rahmen eines IT-Projekts zu prüfen, da Sie mit der Höhe der abgerechneten Zeitaufwände nicht einverstanden sind.

1. Benötigte Unterlagen und Informationen

Um die vom Auftragnehmer gestellten Rechnungen prüfen zu können, benötigen wir folgende Unterlagen und Informationen:

Bitte stellen Sie uns (eine Kopie) des Vertrags und der verwendeten AGB zur Verfügung.
Reichen Sie uns bitte die vollständigen Rechnungsunterlagen und ggf. Zeitaufwände herein.
Welche Abrechnungsmethode wurde vereinbart?

D.h., erfolgte eine Abrechnung nach

Zeitaufwand?
Pauschalpreis?
Falls ja, in welcher Höhe?
Mischkalkulation aus Pauschalpreis und Stundensatz für unterschiedliche Leistungspunkte?
Wurden unterschiedliche Stundensätze für unterschiedliche Mitarbeiter des Auftragnehmers vereinbart?
Gab es Beanstandungen oder sind Ihnen Auffälligkeiten oder Unstimmigkeiten bei den abgerechneten Zeiten aufgefallen?
Wurden die Leistungen fehlerfrei erbracht?
Falls nein, teilen Sie uns bitte die bestehenden Fehler mit und ob Sie diese gegenüber der Gegenseite bereits angezeigt haben.
Haben Sie die Leistungen bereits abgenommen oder einen (Teil)Betrag gezahlt?

2. Was können Sie tun, wenn eine Forderung unbegründet ist?

Sofern noch nicht geschehen, sollten Sie zunächst mit der Gegenseite ein Gespräch suchen und die Rechnung beanstanden. Sollte die Gegenseite nach dem Gespräch nicht bereit sein, die Rechnung anzupassen, sollte die Rechnung formell gegenüber der Gegenseite zurückgewiesen werden. Hierzu sind Sie aber nicht verpflichtet.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gegenseite Mahnungen wegen der gestellten Rechnung senden wird oder auch gerichtliche Schritte einleitet, falls die Gegenseite von der Rechtmäßigkeit der Rechnung überzeugt ist.

Andererseits können auch Sie Ihrerseits Feststellungsklage erheben, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass die abgerechneten Beträge überhöht sind.

Sollte der Auftragnehmer nachweislich und vorsätzlich Stunden berechnet haben, die er nicht geleistet hat oder zu hohe Preise berechnen, handelt es sich um einen Betrug nach § 263 StGB, der strafrechtlich verfolgt werden kann.

Eine abschließende Bewertung des Falls und einen konkreten Ratschlag zum weiteren Vorgehen kann Ihnen erst erteilt werden, nachdem uns sämtliche Unterlagen vorliegen und der Fall rechtlich geprüft wurde.

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

_________________________

(Rechtsanwalt)

II. Erläuterungen

 

Rz. 6

In IT-Projekten entsteht häufig Streit bei einer Überschreitung des Budgets bzw. wenn der Auftraggeber die Leistungen des Auftragnehmers als überteuert erachtet. Dieses Problem besteht umso mehr, wenn der Auftragnehmer seine Leistungen nach Zeitaufwand berechnet. Denn dem Auftraggeber fehlt oft als Laie das Wissen, um die Leistungen des Auftragnehmers und den Preis bewerten zu können. Oder die Leistungen des Auftraggebers sind für den Auftragnehmer nicht nachvollziehbar, weil kein körperliches Produkt übergeben wird und sich die Leistungen (remote) außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des Auftraggebers vollziehen.

Bei der Prüfung einer Rechnung nach Zeitaufwand ist zunächst zu prüfen, ob diese Abrechnungsform (wirksam) vereinbart wurde. Dabei ist zu beachten, dass auch im Werkvertrag ohne Weiteres eine Abrechnung nach Zeitaufwand möglich ist. Häufig wird es sich nämlich bei IT-Projekten um einen Werkvertrag handeln.

Zu beachten ist allerdings, dass auch hier eine Abnahme erforderlich ist, bevor der nach Zeitaufwand berechnetet Betrag fällig wird. Der Auftragnehmer muss damit eine mangelfreie Leistung abliefern, die der Auftraggeber abnehmen muss. Vorher besteht für den Auftraggeber die Möglichkeit einer Kündigung nach § 648 BGB.

Grundsätzlich ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, eine detaillierte Aufstellung über die erbrachten Zeiten und geleistete Tätigkeit zu erbringen, sofern vertraglich nicht etwas anderes geregelt ist. Es ist damit zunächst ausreichend, wenn der Auftragnehmer das Produkt aus den von ihm geleisteten Stunden und dem vereinbarten Stundensatz in Rechnung stellt (BGH v. 17.4.2009 – VII ZR 164/07).

Besonderheiten bestehen, wenn Mischkalkulationen aus Festpreis und Stundenvereinbarungen bestehen oder verschiedene Stundensätze für unterschiedlich qualifizierte Mitarbeiter des Auftragnehmers vereinbart worden sind. Hier müssen sich die abgerechneten Zeiten und Stundensätze den jeweiligen Positionen oder Mitarbeitern zurechnen lassen.

Der Auftragnehmer kann aber auch bei einer vereinbarten Stundenvereinbarung keine Rechnungen in unbestimmter Höhe stellen. Zunächst ist zu beachten, ob ein Kostenvoranschlag erteilt wurde. Hier bestehen Hinweispflichten, falls dieser überschritten wird. Unterlässt der Auftragnehmer diesen Hinweis, können...

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