Rz. 135

Zum anderen ist nach der Art und dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung zu differenzieren:

Zwischenentscheidungen,
Ablehnung eines Erbscheinsantrags,
Feststellungsbeschluss,
tatsächliche Erteilung eines Erbscheins,
Einziehungsbeschluss
Kraftloserklärung eines Erbscheins.

1. Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen

 

Rz. 136

Nach § 58 Abs. 1 FamFG sind grundsätzlich nur noch Endentscheidungen mit der Beschwerde anfechtbar. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Gesetz etwas anderes bestimmt. So sieht das FamFG in den §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 5, 21 Abs. 2, 33 Abs. 2, 35 Abs. 5, 42 Abs. 5 und 355 Abs. 1 FamFG die Anfechtung mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567572 ZPO vor. Dabei ist die 2-Wochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO zu beachten. Nicht isoliert anfechtbar sind bloße Beweisanordnungen, wie z.B. die Einholung eines Sachverständigengutachtens, oder das bloße Anheimstellen der Rücknahme eines Erbscheinsantrages.[251]

[251] KG OLGZ 19975, 85.

2. Anfechtung von Feststellungsbeschlüssen

 

Rz. 137

Muster 12.12: Beschwerdeantrag

 

Muster 12.12: Beschwerdeantrag

Ich beantrage, wie folgt zu beschließen:

1. Der Feststellungsbeschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – _________________________ vom _________________________, Aktenzeichen VI _________________________, wird aufgehoben.
2.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, dem Beschwerdeführer einen Erbschein folgenden Inhalts zu erteilen:

Hiermit wird bezeugt, dass der am _________________________ verstorbene _________________________ von seinem Sohn _________________________ aufgrund Testaments vom _________________________ allein beerbt wurde.

3. Der Beschwerdegegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers zu tragen.

3. Beschwerde gegen die Ablehnungsanordnung

a) Statthaftigkeit

 

Rz. 138

Soweit der Richter einen Erbscheinsantrag ablehnt, ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Gegen eine Verfügung des Rechtspflegers ist ebenfalls die Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG zulässig.

b) Form der Einlegung

aa) Adressat der Beschwerde

 

Rz. 139

Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird, § 64 Abs. 1 FamFG (judex a quo). Die Möglichkeit, auch bei dem Beschwerdegericht Beschwerde einzulegen, ist entfallen. Damit soll das Beschwerdeverfahren beschleunigt werden.

bb) Form

 

Rz. 140

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt, § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG. Die Beschwerdeschrift kann auch per Telefax übermittelt werden.[252] Zugelassen wird auch eine fernmündliche Einlegung, wenn die Geschäftsstelle ein Protokoll aufnimmt, dieses vorliest und sich genehmigen lässt.[253] Zu Protokoll der Geschäftsstelle heißt, dass die Erklärung grundsätzlich gegenüber dem Urkundsbeamten abzugeben ist. Jedoch ist auch eine Erklärung gegenüber dem Rechtspfleger, zum Beispiel bei der Rechtsantragstelle, möglich. Entsprechend ist auch die Einlegung zu Protokoll des Richters zulässig.[254]

Ausüben können das Beschwerderecht neben bzw. statt dem Beteiligten selbst auch noch gegebenenfalls sein gesetzlicher Vertreter, der Verfahrenspfleger oder der Betreuer.[255]

[252] BGH NJW 1989, 589; BayObLGZ 1990, 71, 73; Bumiller/Harders, § 21 Rn 3.
[253] Keidel/Kahl, § 21 Rn 4 m.w.N.
[254] Vgl. Keidel/Kahl, § 21 Rn 5.
[255] Keidel/Kahl, § 20 Rn 21 ff.

c) Notwendiger Inhalt

 

Rz. 141

Die Beschwerdeschrift muss nicht ausdrücklich das Wort Beschwerde enthalten; jedoch müssen der Beschwerdeführer, die angegriffene Entscheidung und das Begehren, dass die Entscheidung durch eine höhere Instanz überprüft werden soll, erkennbar sein.[256] Auch ein bestimmter Antrag und eine Begründung sind nicht erforderlich.[257]

[256] BayObLGZ 1990, 37.
[257] Keidel/Kahl, § 21 Rn 6.

d) Frist

 

Rz. 142

§ 63 Abs. 1 S. 1 FamFG bestimmt, dass die Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung binnen einer Frist von einem Monat zu erheben ist.

e) Vertretung

 

Rz. 143

Der Beschwerdeführer kann sich auch durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, § 10 FamFG.

f) Beschwerdeberechtigung

 

Rz. 144

Für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Ablehnung eines Erbscheinsantrags ist sowohl die materielle, § 59 Abs. 1 FamFG, als auch die formelle Beschwer, § 59 Abs. 2 FamFG, Voraussetzung.

aa) Materielle Beschwer, § 59 Abs. 1 FamFG

 

Rz. 145

Eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG liegt vor, wenn ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches subjektives Recht des Beschwerdeführers durch die angefochtenen Entscheidung berührt wird. Als verletzte Rechtsposition kommt dabei in Nachlasssachen vor allem das Erbrecht in Betracht. Dagegen führt die bloße Verletzung von Verfahrensrechten nach h.M.[258] nicht zur Beschwerdeberechtigung. Ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung bejaht eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG bei Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften oder des "allgemeinen Rechts eines Beteiligten auf gesetz- und sachgemäße Behandlung seiner Angelegenheiten".[259] Beeinträchtigt ist ein Recht, wenn die angefochtene Entscheidung unmittelbar nachteilig in ein Recht des Beschwerdeführers eingreift.[260]

Die Rechtsbeeinträchtigung muss zumindest möglich sein. Ob sie tatsächlich vorliegt, prüft da...

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