I. Überblick über die gesetzliche Regelung

 

Rz. 129

Vorschriften

 
über die Beschwerde/befristete Beschwerde §§ 58 ff. FamFG
die Rechtsbeschwerde §§ 70 ff. FamFG
Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen des Rechtspflegers § 11 RPflG, §§ 58 ff. FamFG

Was die Rechtsmittel im Erbscheinsverfahren anbelangt, ist in zweierlei Hinsicht zu differenzieren:

Zum einen richtet sich die Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs nach dem Organ, das entschieden hat:

1. Entscheidungen des Nachlassrichters

 

Rz. 130

Gegen die Entscheidungen des Amtsrichters in Nachlassverfahren ist die befristete Beschwerde, § 58 FamFG, der statthafte Rechtsbehelf.

2. Entscheidungen des Rechtspflegers

a) Beschwerde, § 11 Abs. 1 S. 1 RPflG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG

 

Rz. 131

Nach dem Rechtspflegergesetz ist gegen Entscheidungen des Rechtspflegers das Rechtsmittel gegeben, das nach den "allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften" zulässig ist, § 11 Abs. 1 RPflG. Das bedeutet, dass in den Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Verfügungen des Rechtspflegers grundsätzlich mit der Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG anfechtbar sind.

b) Befristete Erinnerung

 

Rz. 132

Ausnahmsweise lässt § 11 Abs. 2 RPflG die befristete Erinnerung zu, wenn gegen die Entscheidung "nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben ist". Hintergrund dieser Regelung ist, dass zumindest eine richterliche Entscheidung herbeigeführt werden kann, Art. 19 Abs. 4 GG. Der Rechtspfleger kann einer derartigen Erinnerung abhelfen, § 11 Abs. 2 S. 2 RPflG oder sie dem Richter zur Entscheidung vorlegen, § 11 Abs. 2 S. 3 RPflG.

3. Entscheidungen des Oberlandesgerichts

 

Rz. 133

Gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts kann gegebenenfalls die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statthaft sein, §§ 70 ff. FamFG.

4. Existenz der Entscheidung

 

Rz. 134

Die Entscheidungen müssen bereits erlassen sein, d.h. mit Willen des Gerichts aus dessen Verfügungsgewalt entlassen worden sein. Nicht notwendig ist die Wirksamkeit der Entscheidung nach § 40 FamFG.[248] Der Feststellungsbeschluss stellt eine beschwerdefähige Entscheidung dar, solange der Erbschein nicht tatsächlich erteilt (ausgehändigt) worden ist. Die faktische Handlung der Erteilung als solche ist ebenso wenig anfechtbar, wie eine Beurkundung oder Eintragung in öffentlichen Registern.[249] Nach erfolgter Erteilung ist eine Beschwerde nur mit dem Ziel der Einziehung zulässig. Entsprechendes gilt für die Einziehungsanordnung, wenn sie vollzogen wurde, d.h. der Erbschein zu den Nachlassakten zurückgegeben worden ist. Die Beschwerde muss dann auf die Neuerteilung eines entsprechenden Erbscheins zielen. Auch die gerichtliche Entscheidung, einen Erbschein für Kraftlos zu erklären, ist nach ihrer Vollziehung (öffentlichen Bekanntmachung) nicht mehr mit der Beschwerde anfechtbar.[250]

[248] Vgl. BGHZ 12, 252.
[249] Vgl. Bumiller/Harders, § 58 Rn 8; Brehm, Rn 480.
[250] BayObLGZ 1958, 364.

II. Rechtsmittel im Einzelnen

 

Rz. 135

Zum anderen ist nach der Art und dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung zu differenzieren:

Zwischenentscheidungen,
Ablehnung eines Erbscheinsantrags,
Feststellungsbeschluss,
tatsächliche Erteilung eines Erbscheins,
Einziehungsbeschluss
Kraftloserklärung eines Erbscheins.

1. Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen

 

Rz. 136

Nach § 58 Abs. 1 FamFG sind grundsätzlich nur noch Endentscheidungen mit der Beschwerde anfechtbar. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Gesetz etwas anderes bestimmt. So sieht das FamFG in den §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 5, 21 Abs. 2, 33 Abs. 2, 35 Abs. 5, 42 Abs. 5 und 355 Abs. 1 FamFG die Anfechtung mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567572 ZPO vor. Dabei ist die 2-Wochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO zu beachten. Nicht isoliert anfechtbar sind bloße Beweisanordnungen, wie z.B. die Einholung eines Sachverständigengutachtens, oder das bloße Anheimstellen der Rücknahme eines Erbscheinsantrages.[251]

[251] KG OLGZ 19975, 85.

2. Anfechtung von Feststellungsbeschlüssen

 

Rz. 137

Muster 12.12: Beschwerdeantrag

 

Muster 12.12: Beschwerdeantrag

Ich beantrage, wie folgt zu beschließen:

1. Der Feststellungsbeschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – _________________________ vom _________________________, Aktenzeichen VI _________________________, wird aufgehoben.
2.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, dem Beschwerdeführer einen Erbschein folgenden Inhalts zu erteilen:

Hiermit wird bezeugt, dass der am _________________________ verstorbene _________________________ von seinem Sohn _________________________ aufgrund Testaments vom _________________________ allein beerbt wurde.

3. Der Beschwerdegegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers zu tragen.

3. Beschwerde gegen die Ablehnungsanordnung

a) Statthaftigkeit

 

Rz. 138

Soweit der Richter einen Erbscheinsantrag ablehnt, ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Gegen eine Verfügung des Rechtspflegers ist ebenfalls die Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG zulässig.

b) Form der Einlegung

aa) Adressat der Beschwerde

 

Rz. 139

Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird, § 64 Abs. 1 FamFG (judex a quo). Die Möglichkeit, auch bei dem Beschwerdegericht Beschwerde einzulegen, ist entfallen. Damit soll das Beschwerdeverfahren beschleunigt werden.

bb) Form

 

Rz. 140

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt, § 64 Abs. 2 S....

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