Rz. 134

 

Sachverhalt:

Nach einer Reihe von Erbgängen – beginnend im Jahr 1902 – wird im Jahr 1992 ein Grundbuchberichtigungsanspruch aufgrund dinglicher Surrogation geltend gemacht. In der Revision beim BGH hatte der Kläger Erfolg; beide Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.[148]

 
12.3.1902

Tod des Vaters; Erben werden die Söhne P und F zu je ½.

Im Nachlass ist ein Bauernhof in D.

Ein Teil der Grundstücke wird von den Erben verkauft.

Mit dem Erlös kaufen die Erben P und F einen Erbhof in Z (Reichserbhofgesetz!). F tritt allein als Käufer auf, weil sich die Brüder nicht sicher waren, ob sie in Erbengemeinschaft den Erbhof hätten erwerben können. Der Erwerb sollte aber der Geldanlage aus dem Verkauf der Grundstücke des Bauernhofs dienen.
7.10.1924

F wird im Grundbuch als Alleineigentümer des Erbhofs eingetragen.

F und P behandeln sich gegenseitig so, als gehöre der Erbhof ihnen in ungeteilter Erbengemeinschaft. Dies wird geschäftlich und steuerlich auch so gehandhabt.
1944 Tod des Miterben P; Alleinerbin ist seine Ehefrau L.
1953 Tod des Miterben F; Alleinerbin ist die Beklagte.
1992

Die Erben des P (verst. 1944) beantragen, sie in Erbengemeinschaft zusammen mit der Beklagten als Eigentümer des Erbhofs im Grundbuch einzutragen.

Das Grundbuchamt weist den Grundbuchberichtigungsantrag zurück.
1999 Die Grundbuchberichtigungsklage (§ 894 BGB) hat in der Revision Erfolg.

Aus den Gründen:

Zitat

Der Hof in Z. ist im Wege der dinglichen Surrogation nach § 2041 BGB in den ungeteilten Nachlass ihres Vaters gefallen. Nach dieser Vorschrift gehört unter anderem zum Nachlass, was durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlass bezieht. Ein solcher Bezug zum Nachlass besteht bei einem Erwerbsgeschäft jedenfalls dann, wenn zu der objektiven Beziehung, die bei Erwerb mit Mitteln des Nachlasses ohne weiteres gegeben ist, der Wille hinzukommt, für den Nachlass erwerben zu wollen (…).

Das Surrogationsprinzip erfährt auch in Fällen der Doppel- oder Kettensurrogation keine Einschränkung. Dahinter steht der Gedanke, den Wert des Sondervermögens zu erhalten, während die konkrete Erscheinungsform nicht ausschlaggebend ist. Daher muss jeder Umsatz einzelner Bestandteile des Vermögens und der darin liegende Abfluss realer Werte, wenn der Wert des Ganzen erhalten bleiben soll, durch die rechtliche Neuzuordnung eben derjenigen konkreten Ersatzgegenstände zum Nachlass ausgeglichen werden, in die die abgeflossenen Werte eingegangen sind (…).

Damit war das Grundbuch im entschiedenen Fall während einer Zeit von 75 Jahren (!) unrichtig.

[148] BGH, Urt. v. 29.9.1999, NJWE-FER 2000, 12 = ZEV 2000, 62.

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