Rz. 177

Eine besonders schlechte Stellung gegenüber dem Sozialamt hat der zuletzt Beschenkte. Nach § 528 Abs. 2 BGB haften mehrere Beschenkte in zeitlicher Reihenfolge. Der früher Beschenkte haftet nur insoweit, als der später Beschenkte zur Herausgabe nicht verpflichtet ist.

Die zuletzt erbrachte Schenkung wird also als erste zur Deckung des Bedarfs herangezogen. Wann man genau von einem "Nacheinander" bzw. einer "Gleichzeitigkeit" von Schenkungen sprechen kann, steht nicht allgemein fest. Sind die Schenkungen durch den gleichen notariellen Vertrag als Bestandteile eines einheitlichen und gleichzeitigen Rechtsgeschäfts vorgenommen worden, so begründet dieser schuldrechtliche Schenkungsvertrag nach der Rechtsprechung Gleichzeitigkeit. Eine Aufspaltung nach den Zufälligkeiten der späteren Vertragsabwicklung lehnt der BGH ab, weil dies nicht mit der einheitlichen Natur des Rechtsgeschäfts und dem erkennbaren Willen der Beteiligten zu vereinbaren sei.[405]

 

Rz. 178

Bei mehreren gleichzeitigen Schenkungen ist der Rückforderungsberechtigte nicht darauf beschränkt, jeden einzelnen von ihnen in Anspruch zu nehmen. Mehrere gleichzeitig Beschenkte haften gleichrangig nebeneinander nach den Grundsätzen der Gesamtschuld und damit im Außenverhältnis zum Schenker nach § 421 BGB. Der Einwand der Entreicherung eines einzelnen Beschenkten entfaltet nach § 425 BGB nur Einzelwirkung und bleibt für die Haftung der übrigen Beschenkten ohne Belang.[406] Der BGH führt dazu aus:

"Zwischen gleichzeitig Beschenkten gibt es kein Rangverhältnis; sie haften gleichrangig nebeneinander; eine Aufspaltung nach Anteilen kommt nicht in Betracht."[407]
"Die Leistungsfähigkeit der einzelnen Beschenkten ist für § 528 Abs. 2 BGB unerheblich."[408]
"Eine Aufspaltung würde dazu führen, dass häufig erst aufwändig geklärt werden müsste, in welchem Umfang alle gleichzeitig Beschenkten noch bereichert und an sich zur Herausgabe verpflichtet sind. Das würde aber schwierige und kostspielige Bewertungen notwendig machen, die das Verfahren verzögerten und ihm seine Effektivität nähmen, was dem Gesetzeszweck widerspräche."[409]
"Jeder zur Herausgabe Verpflichtete haftet deshalb in voller Höhe mit der Maßgabe, dass der Gläubiger die Leistung von allen lediglich einmal verlangen kann. Damit liegen die Voraussetzungen einer gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis vor."[410]
"Die Befriedigung des Notbedarfs eines verarmten Schenkers durch einen von mehreren gleichzeitig Beschenkten tilgt auch die Verbindlichkeiten der übrigen im Verhältnis zum Schenker. Diese Befreiung der übrigen Schuldner von ihrer Verpflichtung verlangt nach der Interessenlage regelmäßig einen internen Ausgleich."[411]
"Zwischen mehreren gleichzeitig Beschenkten besteht hinsichtlich des Rückgewährungsanspruchs nach § 528 Abs. 1 BGB eine gesamtschuldnerartige Beziehung, die bei der Inanspruchnahme eines Beschenkten einen internen Ausgleichsanspruch entsprechend § 426 Abs. 1 BGB auslöst. Zu den bisher nicht entschiedenen Konstellationen gehört die Frage, wie es sich auf den Innenausgleich zwischen mehreren gleichzeitig Beschenkten auswirkt, wenn sich ein Beschenkter auf den Wegfall der Bereicherung nach § 528 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB beruft."[412]
"§ 818 Abs. 3 BGB ist eine rechtsvernichtende Einwendung. Sie entfaltet ihre Wirkung nach dem Willen des Gesetzgebers und aus rechtssystematischen Überlegungen auch im Innenverhältnis."[413]
"Der Schenker kann nicht abschließend bestimmen, wer von den Beschenkten die Nachteile seines Notbedarfs tragen soll. Der Rückgewähranspruch entsteht mit dem Eintritt der Notlage und ist nicht an eine Entscheidung des Schenkers geknüpft."[414]
[405] BGH v. 28.10.1997 – Az.: X ZR 157/96, BGHZ 137, 76, 81; zustimmend Zeranski, Die Rückforderung von Schenkungen wegen Verarmung, S. 125 m.w.N.
[406] Rundel, MittBayNot 2003, 177, 182.
[407] BGH v. 13.2.1991 – Az.: IV ZR 108/90, NJW 1991, 1824, 1825.
[408] BGH v. 13.2.1991 – Az.: IV ZR 108/90, NJW 1991, 1824, 1825.
[409] BGH v. 13.2.1991 – Az.: IV ZR 108/90, NJW 1991, 1824, 1825.
[413] Rundel, MittBayNot 2003, 177, 182.

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