Rz. 292

Ob dem Antragsgegner vor Anordnung der Teilungsversteigerung gem. Art. 103 Abs. 1 GG durch Zusendung einer Abschrift des Antrags rechtliches Gehör zu gewähren ist, ist umstritten.[319]

Die Pflicht zur vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs kann nicht mit dem Argument verneint werden, durch die Verfahrensanordnung geschehe nichts Endgültiges, der Anordnungsbeschluss könne auf Erinnerung gem. § 766 ZPO aufgehoben werden und die Kosten seien dann dem Antragsteller aufzuerlegen. Dieser Einwand könnte bei jedem gerichtlichen Verfahren vorgebracht werden. Praktisch würde damit der Grundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG unterlaufen. Bei der vorherigen Übersendung des Antrags an den Gegner werden nicht selten Rechte bekannt, die der Versteigerung entgegenstehen und die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind.

 

Rz. 293

Ordnet das Gericht durch Beschluss die Zwangsversteigerung an, so liegt darin eine Beschlagnahme des Grundstücks (§ 20 ZVG). Sie hat aber bei der Teilungsversteigerung nicht dieselbe Wirkung wie bei der Vollstreckungsversteigerung. Das Grundstück wird von der Beschlagnahme nur insoweit ergriffen, als dies zur Durchführung des Verfahrens erforderlich ist.[320] Die Veräußerungsbeschränkung wie sie in § 23 ZVG für die Vollstreckungsversteigerung vorgesehen ist, tritt nicht ein, weil bei der Erbengemeinschaft ohnehin alle Miterben bei einer Verfügung mitwirken müssen (§ 2040 BGB).

Der Anordnungsbeschluss ist den übrigen Miteigentümern von Amts wegen zuzustellen (§ 3 ZVG) mit dem Hinweis auf die Einstellungsmöglichkeit nach §§ 180 Abs. 24, 30b ZVG. Das Gericht ersucht gem. § 19 ZVG das Grundbuchamt um die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch (dort in Abt. II als Verfügungsbeschränkung). Die Beschlagnahme hat Bedeutung für die Frage, welchen Rang im Rahmen des § 10 Abs. 1 ZVG Zinsen genießen.

[319] Zum Streit: Hamme, Die Teilungsversteigerung, 5. Aufl. 2015, S. 125 m.w.N.
[320] BGHZ 4, 84.

(1) Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung

 

Rz. 294

Zum Schutz der Beteiligten und insbesondere als Korrektiv der streng gehandhabten Vorschriften der §§ 2042 Abs. 2, 753 BGB zum Auseinandersetzungsverlangen sieht des ZVG verschiedene Möglichkeiten der zeitweiligen Verfahrenseinstellung vor.

 

Rz. 295

& Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Antragstellers

Nach § 30 ZVG ist das Verfahren einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger (= Antragsteller in der Teilungsversteigerung) die Einstellung bewilligt. Beantragt der Antragsteller die Aufhebung des Versteigerungstermins, so liegt darin die Bewilligung der Einstellung, § 30 Abs. 2 ZVG.

 

Hinweis

Eine Fortsetzung des Verfahrens erfolgt nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Antragstellers, § 31 Abs. 1 S. 1 ZVG. Dieser Antrag muss binnen sechs Monaten gestellt werden, andernfalls wird das Verfahren aufgehoben, § 31 Abs. 1 S. 2 ZVG. Auf den Fristlauf und die Rechtsfolgen hat das Gericht den Antragsteller hinzuweisen, § 31 Abs. 3 ZVG. Eine Einstellung kann nur zweimal erfolgen, § 30 Abs. 1 S. 2 ZVG. Die dritte Bewilligung der Verfahrenseinstellung gilt als Rücknahme des Versteigerungsantrags (§ 30 Abs. 1 S. 3 ZVG).

 

Rz. 296

& Einstellung auf Antrag eines Miterben (Antragsgegner)

Nach § 180 Abs. 2 ZVG kann auf Antrag eines Miteigentümers das Verfahren auf die Dauer von höchstens sechs Monaten eingestellt werden, wenn dies bei Abwägung der Interessen der mehreren Miteigentümer angemessen erscheint.

 

Rz. 297

& Antragsfrist

Der Einstellungsantrag muss innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, beginnend mit der Belehrungsverfügung (§ 30b Abs. 1 ZVG), gestellt werden.

 

Hinweis

Die Belehrungsfrist beginnt mit jedem Anordnungs- und Beitrittsbeschluss von Neuem.

Die Antragsfrist gilt sowohl für den ersten Antrag als auch für den zweiten des § 180 Abs. 2 S. 2 ZVG.[321]

 

Rz. 298

& Gründe für die Einstellung

Mit der Einstellung nach § 180 Abs. 2 ZVG soll ein Aufschub der Versteigerung erreicht werden, um vorübergehende ungünstige Umstände zu überbrücken, wie bspw.

bevorstehende Wertsteigerung wegen Ausweisung als Bauland,[322]
Schwierigkeiten beim ernsthaften Bemühen um Ersatzwohnraum,[323]
ernsthafte und erfolgversprechende Vergleichsverhandlungen,[324]
bevorstehende Werterhöhung durch Ausführung von Reparaturarbeiten oder Baumaßnahmen.[325]

Die Einstellung darf bis zu sechs Monaten angeordnet und einmal wiederholt werden, § 180 Abs. 2 S. 2 ZVG. Da jedes einzelne Verfahren nach einem Beitritt ein selbstständiges Verfahren ist, kann es zu mehrfachen Einstellungen kommen, weil jedes einzelne bis zu zweimal eingestellt werden kann.

Auch hier wird das Verfahren nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag fortgesetzt, § 31 ZVG. Der Fortsetzungsantrag ist binnen sechs Monaten zu stellen.

Eine Einstellung zum Schutz gemeinschaftlicher Kinder nach § 180 Abs. 3 ZVG kommt nur in Betracht, wenn das Verfahren unter Ehegatten oder früheren Ehegatten geführt wird; nicht auch, wenn dritte Personen beteiligt sind.[326]

 

Rz. 299

& Einstweilige Einstellung nach § 765a ZPO?

 

Beispiel

Der 80-jährige Antragsteller wohnt Zeit seines Le...

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