I. Ausgangssituation

 

Rz. 109

Der Erblasser kann einem Dritten oder einem Miterben den Anspruch auf Bestellung eines Nießbrauchs an einem Erbteil vermächtnisweise zuwenden. Dies ist ein schuldrechtlicher Anspruch auf dingliche Einräumung des Nießbrauchsrechts. Eine unmittelbar dinglich wirkende Zuwendung des Nießbrauchs wäre nicht möglich.

Der Nießbrauch an einem Erbteil ist ein Nießbrauch an einem Recht i.S.d. §§ 1068 ff. BGB. Die Bestellung des Nießbrauchs an einem Recht erfolgt nach den Regeln der Rechtsübertragung (§ 1069 Abs. 1 BGB).[122] Damit gilt § 2033 Abs. 1 BGB und die dort vorgesehene notarielle Beurkundung für die Nießbrauchsbestellung.

[122] Ausführlich (auch in Abgrenzung zum Nießbrauch am Erbteil): Stein, ZEV 2018, 127.

II. Besonderheiten bei Grundstücken

 

Rz. 110

Gehört ein Grundstück zum Nachlass, so ist nicht dieses Grundstück oder ein Anteil an dem Grundstück belastet. Der Nießbrauch am Erbteil selbst kann im Grundbuch also nicht eingetragen werden. Aber im Hinblick auf die Verfügungsbeschränkung des § 1071 BGB ist außerhalb des Grundbuchs eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis entstanden. Deshalb lässt die Rechtspraxis die Eintragung eines berichtigenden Vermerks im Grundbuch in Abt. II zu.[123]

 

Rz. 111

Da der Miterbe, dessen Erbteil mit einem Nießbrauch belastet ist, nur noch mit Zustimmung des Nießbrauchers "nießbrauchsschädliche" Verfügungen über den Anteil vornehmen kann, ist die Verlautbarung im Grundbuch von besonderer Bedeutung (§ 1071 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB), weil andernfalls der nießbrauchsbelastete Miterbe zusammen mit den anderen Miterben über das Grundstück zugunsten eines Gutgläubigen verfügen könnte und dieser das Grundstück ohne teilweise Belastung mit dem Nießbrauch erwerben würde.

 

Rz. 112

Zunächst sind im Grundbuch die mehreren Erben in Erbengemeinschaft gem. § 39 GBO – unter Nachweis des Erbrechts mittels eines Erbscheins oder einer notariell beurkundeten Verfügung von Todes wegen einschließlich nachlassgerichtlicher Eröffnungsniederschrift (§ 35 GBO) – voreinzutragen. Erst dann kann der Vermerk über die Nießbrauchsbestellung an einem Erbteil eingetragen werden.

[123] MüKo/Gergen, § 2033 Rn 29; Soergel/Wolf, § 2033 Rn 4.

III. Rechtswirkungen

 

Rz. 113

Ein Verstoß gegen § 1071 BGB führt lediglich zur relativen Unwirksamkeit der vorgenommenen Verfügung. Der Nießbraucher nimmt die Rechte des Miterben in Bezug auf Verwaltung und Nutzung des Nachlasses wahr (§ 1066 Abs. 1 BGB). Die Auseinandersetzung des Nachlasses kann der Nießbraucher nur gemeinsam mit dem betreffenden Miterben verlangen (§ 1066 Abs. 2 BGB).

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