Rz. 53

Die Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft, die ausschließlich nach den Regeln des Gesetzes (§§ 2038, 752 ff. BGB) erfolgt, ist selten, weil man die Versteigerung von Grundstücken und den Pfandverkauf von beweglichen Sachen zu Recht scheut. Die Erbteilung nach den gesetzlichen Regeln (siehe Rdn 38 ff.) kommt – eventuell in Verbindung mit Teilungsanordnungen des Erblassers (§ 2048 BGB; siehe Rdn 49 ff.) – allerdings häufig vor, wenn es gilt, nach den gesetzlichen Regeln Konten und Depots aufzuteilen, also eine (erste) Teilauseinandersetzung vorzunehmen (siehe Rdn 58 f.).

In den weitaus meisten Fällen der Nachlassauseinandersetzung – auch bei denen Teilungsanordnungen vorhanden sind – einigen sich die Miterben auf der Grundlage der Vertragsfreiheit: Der eine Miterbe bekommt das Haus, der andere Miterbe die Gemäldesammlung, der dritte Miterbe erhält das Barvermögen.

1. Vertretung der Minderjährigen

 

Rz. 54

Grundsätzlich wird bei solcher Erbauseinandersetzung der Minderjährige von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten. Bei einem Erbteilungsvertrag können Eltern aber dann nicht für ihre minderjährigen Kinder handeln, wenn sie selbst oder wenn mehrere ihrer minderjährigen Kinder Miterben sind. Gleiches gilt, wenn der Ehegatte des vertretungsberechtigten Elternteils oder ein Verwandter in gerader Linie, ein Großelternteil des Kindes, Miterbe sind. Ihrer Mitwirkung stehen §§ 181, 1629 Abs. 2, 1795 BGB entgegen: Jedes Kind muss durch einen besonderen Ergänzungspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB) vertreten werden. Zuständig für die Bestellung des Ergänzungspflegers ist das Familiengericht (§ 151 Nr. 5 FamFG).

 

Rz. 55

Der Vollzug des Auseinandersetzungsvertrages geschieht nach den allgemeinen Regeln, also z.B. bei Grundstücken durch Auflassung (§§ 873, 925 BGB) des im Gesamthandseigentum der Miterben stehenden Grundstücks an einen bestimmten Miterben. Hier können Eltern zugleich für sich wie auch für ihre Kinder handeln oder auch mehrere minderjährige Kinder zugleich vertreten, weil § 181 BGB In-Sich-Geschäfte und § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB Verwandtengeschäfte nicht verbieten, wenn es sich nur um die Erfüllung von Verbindlichkeiten handelt. Das ist hier der Fall, soweit es um die Erfüllung einer gültigen Auseinandersetzungsvereinbarung geht, also eines gerichtlich genehmigten Auseinandersetzungsvertrages.

In der Praxis wird indes oftmals zugleich mit einem (insbesondere im Hinblick auf § 311b Abs. 1 BGB) notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag der Vollzug dieses Vertrags ganz oder teilweise vorgenommen. Es werden Forderungen gegen Banken abgetreten oder die Auflassung vorgenommen, wobei die Ergänzungspfleger auch die Minderjährigen vertreten. Auch erfolgt selten die gerichtliche Genehmigung nur hinsichtlich des Grundgeschäfts, so dass bei Erfüllungsgeschäft noch kein gültiges (weil genehmigtes) Grundgeschäft gegeben ist.

Sofern nicht bereits anlässlich des Abschlusses der Auseinandersetzungsvereinbarung die Pfleger auch schon die Vollzugsgeschäfte vorgenommen haben (wenn die Anordnung der Pflegschaft diese Tätigkeit – wie regelmäßig – mit umfasst), bedarf es keiner weiteren Hinzuziehung der Ergänzungspfleger.

2. Familiengerichtliche Genehmigungen

 

Rz. 56

Der (frei vereinbarte) Auseinandersetzungsvertrag bedarf keiner familiengerichtlichen Genehmigung, wenn Eltern ihre Kinder vertreten (§§ 1643, 1822 Nr. 2 BGB).

Gehört aber zum Nachlass ein Gegenstand, hinsichtlich dessen auch Eltern als gesetzliche Vertreter sich nicht ohne gerichtliche Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1821, 1822 BGB verpflichten können, z.B. ein Grundstück (§ 1821 Nr. 1 und Nr. 4 BGB) oder ein einzelkaufmännisches Erwerbsgeschäft (§ 1822 Nr. 3 BGB), das einem Miterben zugeteilt ist, bedürfen auch Eltern zum Auseinandersetzungsvertrag der gerichtlichen Genehmigung.

Eine gerichtliche Genehmigung einer (schuldrechtlichen) Auseinandersetzungsvereinbarung umfasst regelmäßig – zumindest schlüssig – auch die Genehmigung der Vollzugsgeschäfte, wo diese einer besonderen Genehmigungspflicht unterliegen, wie z.B. gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB.[62]

 

Rz. 57

Wird ein Minderjähriger durch einen Pfleger vertreten, bedarf der Auseinandersetzungsvertrag der gerichtlichen Genehmigung gemäß §§ 1915, 1822 Nr. 2 BGB. Die Genehmigung wird regelmäßig umfassend erteilt; wenn also auch ein Grundstück von der Auseinandersetzungsvereinbarung erfasst ist, erstreckt sich die familiengerichtliche Genehmigung auch auf die nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erforderliche Genehmigung und auch auf die Genehmigungserfordernisse nach §§ 1915, 1812 ff. BGB.

[62] Unstreitig; vgl. Soergel/Zimmermann, § 1828 Rn 18; MüKo/Kroll-Ludwigs, § 1828 Rn 8; Damrau, ZEV 1994, 1, 3; KGJ 28, 7.

3. Besonderheiten bei einer sachlichen Teilauseinandersetzung aufgrund einer Vereinbarung

 

Rz. 58

Es sind seltene Fälle, bei denen ein nennenswerter Nachlass von den Miterben auf einmal – früher oder später – vollständig auseinandergesetzt wird. Auch ohne dass ein Aufschub der Auseinandersetzung ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart würde, erfolgen häufig sachliche Teilauseinandersetzungen: Erst verteilt man das vorhandene Bargeld. Dann wird die Wohnung des Erblasse...

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