Rz. 3

Die Zwangsvollstreckung ist vor der Annahme der Erbschaft nur in den Nachlass zulässig.

1. Bereits begonnene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Nachlass, § 779 Abs. 1 ZPO

 

Rz. 4

Eine bereits zu Lebzeiten des Erblassers begonnene Zwangsvollstreckung in den Nachlass wird ohne Weiteres (insbesondere, ohne dass es einer Titelumschreibung bedürfte,) fortgesetzt, § 779 Abs. 1 ZPO. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass vor Eintritt des Erbfalls eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme von dem Gläubiger gegen den Erblasser eingeleitet worden ist.

 

Hinweis

Einem Antrag auf Anordnung von Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB fehlt in diesem Fall das Rechtsschutzbedürfnis, da der Nachlassgläubiger nicht gehindert ist, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dem Gläubiger keine Nachlassgegenstände bekannt sind und er sich insoweit nicht in der Lage sieht, weitere Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen.[2]

 

Rz. 5

Ist eine Zuziehung des Schuldners zur Vollstreckung notwendig und hat der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen oder besteht Ungewissheit über eben dieses oder die Person des oder der Erben, so kann die Zwangsvollstreckung dennoch über § 779 Abs. 2 ZPO in den Nachlass betrieben werden, wenn ein Nachlasspfleger (§§ 1960 f. BGB) oder ein Testamentsvollstrecker (§ 779 Abs. 2 S. 1 ZPO) bestellt ist oder dadurch, dass zum Zwecke der Zwangsvollstreckung ein besonderer Vertreter gemäß § 779 Abs. 2 S. 1 ZPO[3] bestellt wird.

 

Hinweis

Hat das Nachlassgericht bisher keinen Nachlasspfleger gemäß § 1960 BGB bestellt und hatte auch der Erbe keine Testamentsvollstreckung angeordnet, so kann der Gläubiger wählen, ob er die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 779 Abs. 2 S. 1 ZPO oder eines Nachlasspflegers beantragt.

[2] H.M., siehe etwa OLG München, Beschl. v. 20.11.2013 – 31 Wx 413/13, ErbR 2014, 240 = ZEV 2014, 52 m.w.N.; a.A. Behr, Rpfleger 2002, 2, 4.
[3] Zur Auslegung von § 779 Abs. 2 S. 1 ZPO siehe BGH, Beschl. v. 23.9.2009 – V ZB 60/09, NJW 2010, 157: Ein besonderer Vertreter ermöglicht eine unterbrechungslose Weiterführung der Zwangsvollstreckung, die noch gegenüber dem Erblasser begonnen hat. Eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel ist nicht erforderlich. Keine Unterbrechung wie in § 239 ZPO. Auch weitere Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Titel sind möglich.

2. Beginn der Zwangsvollstreckung nach dem Tod aber vor der Annahme der Erbschaft

 

Rz. 6

Hatte beim Tod des Erblassers die Zwangsvollstreckung noch nicht begonnen, so ist gleichwohl schon vor der Annahme der Erbschaft eine Vollstreckung in den Nachlass zulässig, § 778 Abs. 1 ZPO. Zur Vollstreckung in den Nachlass muss in diesem Fall ein Nachlasspfleger nach §§ 1960 f. BGB bestellt und gegen ihn eine vollstreckbare Ausfertigung erwirkt werden.[4]

[4] Zöller/Stöber, § 778 ZPO Rn 6.

3. Keine Vollstreckung in das Privatvermögen des vorläufigen Erben, § 778 Abs. 1 ZPO

 

Rz. 7

Nach § 778 Abs. 1 ZPO können Nachlassgläubiger nicht in das Privatvermögen des vorläufigen Erben vollstrecken. Erfolgt dies dennoch, kann sich der Erbe mit §§ 766, 771 ZPO wehren.[5]

 

Hinweis

Umgekehrt verhindert § 778 Abs. 2 ZPO die Vollstreckung von Eigengläubigern in den Nachlass. Will der Erbe Schadensersatzansprüchen wegen der Verhinderung der Schmälerung des Nachlasses entgehen, so muss er Erinnerung nach § 766 ZPO gegen eine solche Vollstreckung einlegen. § 778 ZPO gilt nur gegenüber dem Miterben, der noch nicht angenommen hat; im Übrigen schützt § 747 ZPO.

[5] Vgl. Zöller/Stöber, § 778 ZPO Rn 11.

4. Keine titelumschreibende Klausel gegen den vorläufigen Erben

 

Rz. 8

Eine Klauselumschreibung nach § 727 ZPO in Bezug auf Urteile, die bereits gegen den Erblasser erstritten wurden, auf den vorläufigen Erben, die es ermöglichen würde, auch in das Privatvermögen des Erben zu vollstrecken, ist gemäß § 1958 BGB nicht möglich. Wird dennoch eine Klausel erteilt, kann sich der vorläufige Erbe mit §§ 732, 768 ZPO wehren.[6]

 

Hinweis

Im Falle eines eröffneten Nachlassinsolvenzverfahrens kann der Gläubiger den gegen den Erblasser oder Erben erlangten Titel auch auf den Nachlassinsolvenzverwalter umschreiben lassen, womit er allerdings nur in den Nachlass vollstrecken kann. Hierzu muss er die Rechtsnachfolge des Insolvenzverwalters für den Vollstreckungsschuldner durch öffentliche oder öffentlich beglaubige Urkunden, insbesondere dessen Bestallungsurkunde, nachweisen. Anderenfalls kommt eine Titelumschreibung nach § 727 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht.[7]

[6] Vgl. Zöller/Stöber, § 727 ZPO Rn 14.
[7] LG Schwerin, Beschl. v. 6.9.2021 – 5 T 69/21, NZI 2022, 194.

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