Rz. 121

Liegen die Voraussetzungen für eine Abänderung auch nur in Beziehung auf ein einzelnes Anrecht vor, erfolgt eine Totalrevision der gesamten abzuändernden Entscheidung nach neuem Recht.[55] Das unterscheidet die Abänderung von Titeln, die in Anwendung des früheren Rechts ergangen sind, von der Abänderung von Titeln, die unter Anwendung des neuen Rechts geschaffen wurden, denn bei diesen beschränkt § 225 FamFG die Abänderung genau auf dasjenige Anrecht, das die Voraussetzungen des Abänderungstatbestandes erfüllt.

 

Rz. 122

 

Beispiel

Der Ehemann hatte in der Ehezeit Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung (West und Ost), der privaten Altersversorgung (zwei auf Rentenzahlung gerichtete Lebensversicherungen) und der betrieblichen Altersversorgung erworben, die auch alle in der Ausgangsentscheidung im Versorgungsausgleich berücksichtigt wurden. Auch wenn die Voraussetzungen der Abänderung nur für das Anrecht in der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes erfüllt sind, erfasst die Abänderung doch auch alle anderen Anrechte, die damals ausgeglichen wurden. Das bedeutet ein gewisses Risiko, muss doch vor einem Antrag nach § 51 VersAusglG antizipiert werden, wie sich die Abänderung auch auf die anderen Anrechte auswirkt, damit der Antragsteller nicht auf einmal als Nettoverlierer der Abänderung dasteht.

[55] Palandt/Brudermüller, § 51 VersAusglG Rn 12; Hauß/Bührer, Rn 1198.

1. Durchführung eines Ausgleichs nach neuem Recht

 

Rz. 123

Der Ausgleich richtet sich nach dem heute geltenden Versorgungsausgleichsrecht (vgl. § 48 Abs. 1 VersAusglG, zum Übergangsrecht siehe den folgenden Abschnitt § 13 Rdn 1 ff.). Der neue Ausgleich selbst kann als interner (§ 10 VersAusglG) oder als externer Ausgleich (§ 14 VersAusglG) durchgeführt werden. Gerade in den Abänderungsfällen, in denen einer oder beide Beteiligten kurz vor der Rente stehen oder schon Rente beziehen, ist beim externen Ausgleich aber besonders auf § 14 Abs. 5 VersAusglG zu achten, wonach ein externer Ausgleich dann nicht in Betracht kommt, wenn es nicht mehr möglich ist, durch Beitragszahlung Anrechte zu begründen.

2. Beschränkung auf in der Ausgleichsentscheidung ausgeglichene Anrechte

 

Rz. 124

Ggü. einem Erstverfahren des neuen Rechts ergibt sich in Abänderungsverfahren v.a. der Unterschied, dass in den (neuen) Ausgleich nur solche Anrechte einbezogen werden dürfen, die auch in der Ausgangsentscheidung schon ausgeglichen wurden.[56] Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 VersAusglG ("in den Ausgleich einbezogene Anrechte"). Es folgt aber auch aus dem Verbot der Doppelverwertung: Wenn eine Rechtsposition, die nach dem bisherigen Recht nicht auszugleichen war, nun in den Versorgungsausgleich einbezogen würde, könnte es zu Verwerfungen in Bezug auf den sonstigen Ausgleich kommen, weil diese Rechtspositionen damals güterrechtlich zu berücksichtigen waren.[57] Da die Entscheidung über den Zugewinnausgleich nicht mehr aufgenommen werden kann, weil es für sie an einem § 51 VersAusglG entsprechenden Tatbestand fehlt, muss es bei der Limitierung der Änderung bleiben.

 

Rz. 125

 

Beispiel

Im Beispiel Rdn 92 hatte der Mann neben den dort angegebenen Anrechten noch eine betriebliche Anwartschaft, die auf eine Einmalzahlung von 100.000 DM gerichtet war und mit Erreichen des 65. Lebensjahres auszuzahlen war. Nach dem früheren Recht waren solche, auf Einmalleistungen gerichtete Anrechte nicht im Versorgungsausgleich, sondern ­güterrechtlich auszugleichen. Das Gericht hat sie deswegen damals im Versorgungsausgleich außer Betracht gelassen. Dabei bleibt es, obwohl nach dem neuen Recht derartige Anrechte in den Versorgungsausgleich einbezogen werden müssen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 Vers­AusglG).[58]

 

Rz. 126

Die Abänderung dient der Korrektur der ursprünglichen Entscheidung. Geändert wird diese damit nur, soweit Anrechte in die Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich einbezogen wurden. Soweit das Gericht damals zu Unrecht bestimmte Anrechte nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen hat, bleibt es dabei.[59] Auch soweit Anrechte dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten wurden, ist in der Ausgangsentscheidung nach dem früheren Recht keine Entscheidung über diese Anrechte getroffen worden. In Bezug auf diese Anrechte kann deswegen keine Korrektur der Entscheidung erfolgen; sie bleiben weiterhin aus dem Ausgleich 4 bei der Scheidung ausgeschlossen.[60]

 

Rz. 127

 

Beispiel

Im Beispiel (siehe Rdn 92) hatte der Mann neben den dort angegebenen Anrechten noch eine private Lebensversicherung, die auf eine Rentenzahlung vom 65. Geburtstag an gerichtet war. Das Gericht hatte diese Versicherung in der Ausgangsentscheidung versehentlich nicht berücksichtigt. Dabei bleibt es; ein nachträglicher Ausgleich findet nicht statt.

[56] BT-Drucks 16/10144, S. 89; Ruland, Rn 1141; Bergner, FamFR 2010, 508, 509.
[57] Vgl. auch Hauß/Bührer, Rn 1178.
[58] Vgl. HK-BGB/Kemper, § 2 VersAusglG Rn 11; Palandt/Brudermüller, § 2 VersAusglG Rn 10.
[59] BT-Drucks 16/10144, S. 89; Hauß/Bührer, Rn 1178; Borth, Rn 1422.
[60] Bergner, FamFR 2010, 508, 509; ders., KomRefVA, § 51 VersAusglG Rn 4; NK-BGB/Götsche, § 51 V...

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