1. Voraussetzungen
Rz. 107
Nach § 852 Abs. 1 ZPO ist der Pflichtteil nur dann der Pfändung unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Nach der Rechtsprechung des BGH[111] kann aber ein Pflichtteilsanspruch auch schon vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch gepfändet werden.
Bei einer derart eingeschränkten Pfändung erwirbt dann der Pfändungsgläubiger bei Eintritt der Verwertungsvoraussetzung ein vollwertiges Pfandrecht, dessen Rang sich nach dem Zeitpunkt der Pfändung bestimmt. Entgegen der damalig herrschenden Meinung[112] wurde der Schutzzweck des § 852 ZPO eingeschränkt. Der Pfändbarkeit im Rahmen der Entstehung eines eingeschränkten Pfandrechtes wird somit von der Rechtsprechung für möglich gehalten. Vor dem Eintritt des Todes des Erblassers dürfte aber weiterhin eine Pfändung nicht zulässig sein, sondern erst ab Erbfall.
Das vollwertige Pfändungspfandrecht kann dann auch erst bei Eintritt der Verwertungsvoraussetzungen erworben werden.
Ein eingeschränktes Pfandrecht ist deshalb möglich, weil der Pflichtteilsanspruch nach § 2317 Abs. 1 BGB bereits mit dem Erbfall als Vollrecht begründet wird. Somit kann eine aufschiebenden Wollensbedingungen allein die Zwangsweise Verwertbarkeit unterliegen.[113]
Rz. 108
Wird ein Pflichtteilsanspruch vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit abgetreten, scheitert eine Anfechtbarkeit nicht an fehlender Gläubigerbenachteiligung. Diese wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Pflichtteilsberechtigte ohne die Abtretung die Voraussetzung für eine unbeschränkte Pfändbarkeit nicht herbeigeführt hätte.
Eine derartige Abtretung wäre also unwirksam, sobald die Voraussetzung für eine unbeschränkte Pfändbarkeit vorliegt.
Rz. 109
Durch die Pfändung kann der Gläubiger nicht erreichen, den Pflichtteilsanspruch nunmehr in Prozessstandschaft gegen den oder die Erben gerichtlich geltend zu machen. Den Pflichtteilsberechtigten ist es weiter überlassen, ob er den Anspruch durchsetzen möchte oder nicht. Verzichtet der Pflichtteilsberechtigte auf alle Durchsetzungen, führt daher die Pfändung des aufschiebend bedingten Anspruchs ins Leere.
Der Pflichtteilsberechtigte kann auch nicht im Klagewege dazu gezwungen werden, den Pflichtteilsanspruch nunmehr rechtshängig zu machen. Ob der Pflichtteilsanspruch von dem Schuldner vertraglich anerkannt wurde, kann der Gläubiger nur über das Verfahren der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom jeweiligen Schuldner erlangen.
Rz. 110
Wurde der Pflichtteilsanspruch vertraglich anerkannt oder rechtshängig gemacht, erfolgt die Pfändung nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 828 ff. ZPO über die Pfändung normaler Geldforderungen. Die einzelnen Voraussetzungen der Pfändbarkeit müssen lediglich schlüssig vorgetragen werden.[114] Drittschuldner ist der Erbe auch für den Fall der Testamentsvollstreckung wegen § 2213 BGB. Allerdings ist auch möglich alternativ nach § 2213 Abs. 3 BGB gegen den Testamentsvollstrecker vorzugehen.
2. Muster: Antrag auf Pfändung des Pflichtteilsanspruchs
Rz. 111
Muster 11.16: Antrag auf Pfändung des Pflichtteilsanspruchs
Muster 11.16: Antrag auf Pfändung des Pflichtteilsanspruchs
Amtsgericht
Vollstreckungsgericht
In der Zwangsvollstreckungssache
Meier ./. Müller
beantrage ich die Pfändung
des angeblichen Anspruchs des Schuldners Müller gegen
Berta Müller, _________________________
Christoph Müller _________________________
als Drittschuldner
bzw. Erben des Nachlasses des am 24.2.2016 verstorbenen Otto Normalerblassers auf Auszahlung des Pflichtteils.
Der Schuldner hat mit Klage vom 11.11.2015 vor dem Landgericht München – Az. _________________________ – auf Zahlung des Pflichtteilsanspruchs gegen die Drittschuldner rechtshängig gemacht.
Gleichzeitig wird dem Gläubiger die o.g. Forderung zur Einziehung überwiesen.
(Rechtsanwalt)
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