Rz. 51

Es fragt sich, welche Prüfungspflichten dem Gerichtsvollzieher im Rahmen der Vollstreckung aus einem "Zug-um-Zug-Titel" hinsichtlich der Gegenleistung (Mängelbeseitigungsarbeiten) des Bauunternehmers obliegen. Nach § 756 ZPO darf der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung nicht beginnen, bevor dem Schuldner die Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise (§§ 293 ff. BGB) angeboten worden ist. Kann der Bauunternehmer durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen, dass die Gegenleistung erbracht, der Auftraggeber hinsichtlich der Gegenleistung befriedigt ist oder dass er sich hinsichtlich der Gegenleistung bereits in Annahmeverzug befindet oder lehnt der Schuldner die Gegenleistung nach einem wörtlichen Angebot des Gerichtsvollziehers (§ 756 Abs. 2 ZPO – abweichend von § 295 BGB) ab, kann die Vollstreckung sofort stattfinden. Die Fälle, dass der Bauunternehmer durch öffentliche Urkunden die Befriedigung des Bauherrn bzw. den schon bestehenden Annahmeverzug beweisen kann, sollen hier nicht weiter vertieft werden.[25] Regelmäßig wird die Konstellation vorliegen, dass der Bauunternehmer nur nach erfolgter Gegenleistung (Mängelbeseitigung) die Vollstreckung beginnen darf. Dies erfordert in der Regel, dass der Gerichtsvollzieher das Mängelbeseitigungsergebnis dem Bauherrn tatsächlich anbieten muss. Der Bauunternehmer muss zuerst nachbessern, das daraus resultierende Produkt hat der Gerichtsvollzieher dem Bauherrn sodann anzubieten. Da im Falle der Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung des Gläubigers die Vollstreckungsklausel nach § 726 Abs. 2 ZPO regelmäßig ohne besonderen Nachweis erteilt wird (Ausnahme: Schuldner wird zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt: §§ 726 Abs. 2, 894 S. 2 ZPO), muss die Frage der Ordnungsgemäßheit der Gegenleistung im Rahmen der Durchführung der Vollstreckung geklärt werden. Erforderlich ist daher zunächst eine eigene Prüfung des Gerichtsvollziehers, ob z.B. die Nachbesserungsarbeiten überhaupt ordnungsgemäß erbracht worden sind.[26] Diese Prüfung bezieht sich auch auf alle mit der Nachbesserung verbundenen Nebenarbeiten.[27] An dieser Stelle zeigt sich wieder die Verknüpfung von materiell-rechtlichen Problemen mit dem Vollstreckungsverfahren. Die Frage, ob die Gegenleistung des Bauunternehmers in einer den Annahmeverzug begründenden Weise erbracht worden ist, richtet sich nach materiellem Recht (§§ 293 ff. BGB). Die Mängelbeseitigungsarbeiten des Bauunternehmers müssen mangelfrei, vollständig (eine Teilleistung ist nach § 266 BGB ausgeschlossen), am richtigen Leistungsort (§ 269 BGB) und zur richtigen Leistungszeit (§ 271 BGB; im Rahmen der Vollstreckung regelmäßig vor dem Angebot gegenüber dem Bauherrn) erbracht worden sein. Da dem Gerichtsvollzieher regelmäßig die Fachkompetenz zur Beantwortung von z.B. technischen Mängelfragen fehlen wird, muss er einen Sachverständigen hinzuziehen.[28]

 

Rz. 52

Es liegt auf der Hand, dass bei der Frage der Ordnungsgemäßheit von Mängelbeseitigungen Spannungen zwischen den Parteien auftreten können. Will der Bauherr rügen, der Gerichtsvollzieher sei zu Unrecht vom Vorliegen einer ordnungsgemäßen Mängelbeseitigung ausgegangen, kann er dies mittels der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) tun; die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist ihm dabei nach h.M. versagt.[29] Dem Bauunternehmer steht hingegen – wenn der Gerichtsvollzieher keine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung anerkennen und die Vollstreckung deswegen nicht beginnen will – die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO)[30] oder daneben evtl. auch die Klage auf Feststellung zu, seine Mängelbeseitigungsarbeiten seien ordnungsgemäß erbracht worden.[31]

 

Rz. 53

Hinsichtlich der Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Bauherr dem Bauunternehmer nach einer rechtskräftigen Verurteilung zur Zahlung von Werklohn Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung fruchtlos eine Frist zur ordnungsgemäßen Mängelbeseitigung gesetzt hat und danach Gewährleistungsansprüche geltend macht, vertritt das OLG Naumburg (zweimal gescheiterte Mängelbeseitigungsarbeiten) die überzeugende Auffassung, dass der Bauherr sein Zurückbehaltungsrecht verliert und die (Zug um Zug) titulierte Werklohnforderung des Bauunternehmers dann um die Minderungs- bzw. Schadensersatzansprüche etc. gekürzt (sofort, d.h. ohne vorherige Beseitigung der im Urteil aufgeführten Mängel) vollstreckt werden kann.[32]

[25] Sollte der Auftraggeber/Bauherr eine ihm von dem Bauunternehmer bereits angebotene Mängelbeseitigung abgelehnt haben, empfiehlt es sich für den Bauunternehmer, in dem Werklohnprozess neben dem Zahlungsantrag auch eine Feststellung dahingehend zu beantragen, dass sich der Auftraggeber/Bauherr mit der Annahme der schon angebotenen Mängelbeseitigung in Verzug befindet. Dies ist dann ein Fall, in dem durch öffentliche Urkunde (nämlich später das Urteil) der Annahmeverzug des Auftraggebers/Bauherrn nachgewiesen wird. Allgemein dazu schon: BGH v. 9.12.1981 – VIII ZR 280/80 – NJW 1982, 1048 (1049). Ein solche...

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