I. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 2

Bevor auf die einzelnen Vollstreckungskonstellationen mit baurechtlichem Bezug eingegangen werden kann, müssen zunächst die Voraussetzungen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens dargestellt werden. Diese lassen sich in allgemeine und besondere Vollstreckungsvoraussetzungen einteilen.

1. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen

 

Rz. 3

Unter den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind diejenigen zu verstehen, die in jedem Vollstreckungsverfahren vorliegen müssen.[2] Davon sind die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen (z.B. Vollstreckungsantrag beim zuständigen Vollstreckungsorgan, Parteifähigkeit nach § 50 ZPO, Prozessfähigkeit nach §§ 51 ff. ZPO, Prozessführungsbefugnis, Postulationsfähigkeit, Rechtsschutzbedürfnis etc.) strikt zu trennen, die an dieser Stelle nicht näher dargestellt werden sollen.

[2] Näher dazu: Brox/Walker, § 3 Rn 1 ff.

a) Vollstreckungstitel

 

Rz. 4

Jede Zwangsvollstreckung bedarf eines Vollstreckungstitels, d.h. einer öffentlichen Urkunde, die den zu vollstreckenden materiell-rechtlichen Anspruch hinreichend genau bestimmt. Nur so wird dieser Anspruch im Vollstreckungsverfahren durchsetzbar.

 

Rz. 5

Der praktisch bedeutsamste Vollstreckungstitel ist das in § 704 ZPO genannte Endurteil (§ 300 ZPO; siehe aber auch: §§ 301 ff. ZPO). Dieses wird dadurch vollstreckbar, dass es entweder rechtskräftig (§ 705 ZPO) ist oder für vorläufig vollstreckbar (§§ 708 ff. ZPO) erklärt wurde.

 

Rz. 6

Neben dem Endurteil werden in § 794 Abs. 1 ZPO weitere Vollstreckungstitel aufgezählt. Zu nennen sind insofern vor allem: der Prozessvergleich (Nr. 1), der Kostenfestsetzungsbeschluss (Nr. 2), der Vollstreckungsbescheid (Nr. 4) und die vollstreckbaren Urkunden (insbesondere notarielle Urkunden: Nr. 5).

 

Rz. 7

Die Aufzählung in § 794 Abs. 1 ZPO ist nicht abschließend. Wegen weiterer Beispiele bundes- und landesrechtlicher (§ 801 ZPO) Vollstreckungstitel wird auf die Darstellung in den einschlägigen Kommentierungen verwiesen.[3]

 

Rz. 8

Grundlegende Voraussetzung für die Durchführung der Zwangsvollstreckung bei allen genannten Vollstreckungstiteln ist, dass der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, hinreichend bestimmt und wirksam ist. Der Inhalt eines Titels – lässt er sich nicht schon eindeutig aus diesem selbst bestimmen – ist dabei gegebenenfalls durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Darauf wird später im Rahmen der einzelnen baurechtlich relevanten Fallkonstellationen noch näher eingegangen.

[3] Siehe z.B.: Musielak/Voit/Lackmann, § 794 Rn 49, § 801 Rn 1; Zöller/Geimer, § 794 Rn 43, § 801 Rn 1.

b) Vollstreckungsklausel

 

Rz. 9

Die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungstitel setzt weiterhin grundsätzlich voraus, dass eine Vollstreckungsklausel auf diesem angebracht ist. Darunter ist ein amtlicher Vermerk der Vollstreckbarkeit des Titels zu verstehen. Die Ausfertigung des Titels, die mit der Vollstreckungsklausel versehen ist, wird auch "vollstreckbare Ausfertigung" genannt. § 725 ZPO sieht für die Klausel folgende Formulierung vor: "Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt." Diese Klausel ist der Ausfertigung des Urteils am Schluss beizufügen, von dem zuständigen Organ zu unterschreiben und mit einem Gerichtssiegel zu versehen.

 

Rz. 10

Die Vollstreckungsklauseln lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

einfache Vollstreckungsklauseln (§ 724 Abs. 1 ZPO, zuständig für deren Erteilung ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle: § 724 Abs. 2 ZPO),

qualifizierte Vollstreckungsklauseln:

titelergänzende Klauseln (§ 726 Abs. 1 ZPO, zuständig ist der Rechtspfleger: §§ 3 Nr. 3a; 20 Abs. 1 Nr. 12; 26 RPflG; Ausnahme: beim gerichtlichen Vergleich ist nach § 795b ZPO der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig),
titelumschreibende oder titelübertragende Klauseln (§§ 727729 ZPO, zuständig ist der Rechtspfleger: §§ 3 Nr. 3a; 20 Abs. 1 Nr. 12; 26 RPflG).
 

Rz. 11

Grundsätzlich ist eine Vollstreckungsklausel für alle Arten von Titeln erforderlich. Die Erforderlichkeit für Urteile folgt aus §§ 724 ff. ZPO, diejenige für die in § 794 ZPO genannten Titel aus § 795 ZPO i.V.m. §§ 724 ff. ZPO (analog). Allerdings gibt es auch Vollstreckungstitel, die abweichend von diesen Regelungen keine Klausel benötigen. Die Ausnahmen sind in §§ 795a ff. ZPO aufgezählt (vor allem Kostenfestsetzungsbeschluss und Vollstreckungsbescheid). Darüber hinaus bedarf es bei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen (§§ 830 Abs. 1; 836 Abs. 3 ZPO), beim Haftbefehl (§ 802g ZPO) sowie bei Arrestbefehl und einstweiliger Verfügung (§§ 929 Abs. 1; 936 ZPO) keiner Vollstreckungsklausel.

c) Zustellung

 

Rz. 12

Weitere allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist die Zustellung nach § 750 ZPO. Der Sinn der Zustellung liegt einerseits darin, dem Zustellungsadressaten die Gelegenheit zur Kenntnisnahme von dem zuzustellenden Schriftstück zu geben. Andererseits wird dadurch dem Zustellungsauftraggeber der Nachweis der Zustellung ermöglicht.

 

Rz. 13

Zustellungsempfänger ist regelmäßig der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter (§§ 166, 170 ZPO). In einem noch anhängigen Verf...

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