Rz. 62

§ 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG regelt eine Ausnahme zur Besteuerung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilien. Normzweck ist die Erhaltung der Mobilität der Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt: Sie sollen von dem Wechsel des Arbeitsplatzes bzw. bei Arbeitslosigkeit von der Aufnahme einer Arbeitstätigkeit an einem anderen Ort nicht durch die Besteuerung privater Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit der Aufgabe ihrer bisher selbstbewohnten Immobilie abgehalten werden.[59]

 

Rz. 63

Die Privilegierung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 EStG setzt allerdings voraus, dass das Objekt

entweder zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken,
oder zumindest im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
 

Rz. 64

Nach der ersten Alternative des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist die ausschließliche Wohnnutzung zwischen Anschaffung oder Fertigstellung einerseits und Veräußerung andererseits erforderlich. Die Wohnung muss dazu tatsächlich bezogen werden, und der Hausstand muss sich dort befinden.[60] Ein Leerstand vor Beginn der Nutzung bzw. ein Leerstand vor der Veräußerung ist dann unschädlich, wenn er mit der beabsichtigten Nutzung oder der beabsichtigten Veräußerung im Zusammenhang steht, wobei nach Auffassung der Finanzverwaltung die Veräußerungsabsicht dann aber konkret nachzuweisen ist.[61] Daher sollte zu Beweiszwecken die Veräußerungsabsicht beweisbar dokumentiert werden (z.B. Maklerauftrag, Verkaufsinserat etc.).

 

Rz. 65

Nach der zweiten Alternative des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG muss das Objekt über einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Kalenderjahren bis einschließlich zum Kalenderjahr der Veräußerung zu Wohnzwecken genutzt worden sein. Dies bedeutet allerdings nach herrschender Meinung nicht, dass drei volle Kalenderjahre erfüllt sein müssen, sondern es soll ausreichen, wenn lediglich drei Kalenderjahre (Veranlagungszeiträume) berührt sind. Im Extremfall soll so eine Nutzung von nur knapp mehr als zwölf Monaten (von Dezember des Vorvorjahres bis zum Januar des Veräußerungsjahres) ausreichend sein.[62]

 

Rz. 66

Daraus ergibt sich für beide Alternativen eine typische "Trennungsfalle": Bei einer Veräußerung/Übertragung der Immobilie im Zusammenhang mit Trennung/Scheidung der Eheleute an einen Dritten kann im Hinblick auf die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG die Steuerfolge des § 23 EStG gegebenenfalls auch nur einen der beiden Miteigentümer-Ehegatten treffen, wenn dieser die Wohnung nicht bis zuletzt zu eigenen Wohnzwecken genutzt hatte, während dies bei dem anderen Ehepartner der Fall war. Der Auszug aus der ehelichen Wohnung in der Trennungsphase stellt deshalb in jedem Fall ein Steuerrisiko dar, wenn die Veräußerung bzw. Übertragung des Objekts noch im Raum steht. Zieht der Eigentümer-Ehegatte im Rahmen der Trennung aus dem Objekt aus, muss noch im gleichen Jahr die Übertragungsvereinbarung abgeschlossen werden, damit der Ausnahmetatbestand erfüllt wird.[63]

[59] Vgl. Karasek, FamRZ 2002, 590, 591.
[60] Siehe BFH/NV 2006, 936 (Aufhebung FG Köln EFG 2003, 539).
[61] Vgl. BMF vom 5.10.2000, BStBl I 2000, 1383 = DStR 2000, 1867 unter Tz. 25; Karasek, FamRZ 2002, 590, 591.
[62] Karasek, FamRZ 2002, 590, 591.
[63] Vgl. Wälzholz, FamRB 2002, 382; Karasek, FamRZ 2002, 590, 591.

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