[27] Für diesen Beitrag sei in besonderem Maße gedankt Herrn Rechtsanwalt Hansjörg Tamoj, Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, HÜMMERICH legal PartGmbB, Bonn, www.huemmerich-legal.de.

I. Bedeutung für die Verwertung von Nachlassgrundstücken

 

Rz. 59

Im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 Abs. 1 BGB) kann in der Praxis, häufiger als oft angenommen, die Beachtung öffentlich-rechtlicher Vorschriften von entscheidender Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere bei der Verwertung von Nachlassgrundstücken.

Nicht nur vor dem Hintergrund des Schenkungsverbotes des § 2205 S. 3 BGB, sondern auch zur Vermeidung nicht unerheblicher Haftungsrisiken muss der Testamentsvollstrecker alle wertbildenden Faktoren, beispielsweise in Bezug auf die Ausnutzbarkeit eines Grundstückes, sorgfältig ermitteln. Diese werden häufig und erheblich durch öffentlich-rechtliche Vorschriften geprägt, deren Beachtung in den üblichen Wertermittlungsgutachten oft nur eine untergeordnete Rolle spielt und dann in der Regel darauf beruht, dass (unverbindliche) Auskünfte der Behörden (insbesondere von Bauämtern) ungeprüft durch den Gutachter übernommen werden. Trifft diese Auskunft nicht zu (was sich oft erst nachträglich herausstellt), kann sich im Ergebnis der Wert einer Immobile völlig anders darstellen als angenommen, was für den Testamentsvollstrecker unangenehme Konsequenzen haben kann. So kann beispielsweise die Frage von entscheidender Bedeutung sein, ob ein zum Verkauf anstehendes Grundstück als Bauland oder als Garten-/Grünland anzusehen ist.

 

Rz. 60

Kann der Testamentsvollstrecker diese Frage nicht sicher beantworten, darf und muss er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses gemäß § 2216 BGB den Rat eines Fachmannes beiziehen.[28]

Um feststellen zu können, ob etwa die Annahme eines Gutachters oder der Verwaltungsbehörde zutrifft und/oder eigene Einschätzungen richtig sind, sind Kenntnisse der Grundlagen des Bauplanungsrechtes, des Bauordnungsrechtes, aber auch des Erschließungsbeitrags- und Ausbaubeitragsrechts und des Bodenrechts erforderlich.

II. Bauplanungsrecht

 

Rz. 61

Das Bauplanungsrecht erfasst all die öffentlich-rechtlichen Rechtsnormen, auf deren Grundlage die Frage beurteilt wird, ob an einer bestimmten Stelle bestimmte bauliche Anlagen sowohl nach Art als auch nach dem Maß der baulichen Nutzung zulässig sind. Auf dieser Grundlage erteilt die Baubehörde Baugenehmigungen. Diese sind Bestandteil des vom Bauplanungsrecht zu trennenden Bereiches des Bauordnungsrechtes.

 

Rz. 62

Die wesentliche Rechtsgrundlage für das Bauplanungsrecht bildet das Baugesetzbuch, welches hinsichtlich der Zulässigkeit einer baulichen oder sonstigen Nutzung im Dritten Teil, d.h. in den §§ 2938 BauGB, zwischen Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes und solchen Vorhaben außerhalb des Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes unterscheidet.

1. Bebauungsplan

 

Rz. 63

Bei den Bebauungsplänen handelt es sich um satzungsgemäßes Ortsrecht der jeweiligen Gemeinde mit der diese sowohl durch zeichnerische als auch durch textliche Festsetzungen die Rahmenbedingungen für die Bebaubarkeit von Grundstücken festlegt. Die Bebauungspläne sind aus den in der Regel das gesamte Gemeindegebiet erfassenden Flächennutzungsplänen herzuleiten (vorbereitender Bauleitplan) und müssen den Zielen der übergeordneten Raumordnung entsprechen. Diese werden von den Ländern vorgegeben.

 

Rz. 64

Die nähere Form der Ausgestaltung der Bebauungspläne (auch Bauleitpläne genannt) richtet sich nach den Bestimmungen der Baunutzungsverordnung, welche wiederum unterscheidet zwischen bestimmten Baugebietstypen, wie etwa den reinen und allgemeinen Wohngebieten, den Kern-, Misch-, Dorf- und Sondergebieten. Hinzu kommen die Gebietsarten der Gewerbe- und Industriegebiete. Zu den jeweiligen Gebietstypen enthält die Baunutzungsverordnung Bestimmungen, welche die Zulässigkeit bestimmter Vorhaben innerhalb dieser Gebiete regeln. An diesen Vorgaben müssen sich die Bebauungspläne orientieren. Sie können nur in Ausnahmefällen hiervon abweichen, was im Grunde nur in den Bereichen der "Sondergebiete" zulässig ist.

 

Rz. 65

Der Bebauungsplan regelt auf dieser Grundlage Art und Maß der baulichen Nutzung. Er bestimmt also, welche Nutzungsmöglichkeiten innerhalb des Plangebietes möglich sind und in welchem Umfange das Maß der baulichen Nutzung zugelassen werden kann. Dies betrifft insbesondere die Frage der überbaubaren Grundfläche, der überbaubaren Geschossfläche, der Geschossigkeit, der Höhe und der Lage der baulichen Anlagen auf dem Grundstück selbst.

 

Rz. 66

Die Festsetzungen werden im Rahmen des Bebauungsplanes in einem förmlichen Verfahren getroffen, das mit dem Satzungsbeschluss und dessen Veröffentlichung abschließt. Das Verfahren ist in den Bestimmungen des Baugesetzbuches konkret geregelt. Verfahrensverstöße können durch sogenannte "Normenkontrollverfahren" nach § 47 VwGO angefochten werden.

 

Praxishinweis

Wesentliche Fehler, welche das Verfahren oder auch die Inhalt...

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