Rz. 288

Die Verantwortlichkeit des Verkäufers i.S.d. § 276 BGB wird vermutet. Schadensersatz kann bei einer Pflichtverletzung, die der Käufer darlegen und beweisen muss, nur dann nicht beansprucht werden, wenn der Verkäufer diese nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Käufer muss zur Schlüssigkeit der Klage das Vertretenmüssen des Verkäufers (Vorsatz, Fahrlässigkeit oder Garantie) nicht einmal behaupten.[729] Der Verkäufer hat das fehlende Verschulden als Einwendung vorzutragen, falls nicht der Käufer selbst den Ausnahmetatbestand des Verschuldens vorträgt.[730]

 

Rz. 289

An den Entlastungsbeweis dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.[731] Andernfalls kann der Entlastungsbeweis praktisch nie gelingen. Es reicht aus, wenn die Wahrscheinlichkeit eines vom Verkäufer nicht verschuldeten Geschehensablaufs ein so hohes Maß erreicht, dass die Wahrscheinlichkeit eines Verschuldens des Verkäufers dahinter zurücktritt.[732]

 

Rz. 290

Erforderlich, aber auch ausreichend sind damit die Darlegungen und der Nachweis ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass der Mangel nicht auf vom Verkäufer zu vertretenden Umständen beruht.[733] Für den Gebrauchtwagenhändler bedeutet dies, dass er mit Hilfe von Zeugen und eventuell Werkstattunterlagen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür nachweisen muss,[734]

dass er die Sicht- und Funktionsprüfung ausgeführt hat und
dass diese keinen Fehler und auch keinen Hinweis auf einen möglichen Fehler erbracht hat oder
dass bezogen auf den Fehler eine Untersuchung nicht geschuldet wurde, nicht zum Auffinden des Fehlers geführt hat oder auf die nicht durchgeführte Untersuchung hingewiesen wurde.
 

Rz. 291

Mit Rücksicht auf die verlängerten Mängelhaftungsfristen von mindestens einem Jahr (beim Verbrauchsgüterkauf) wird schon wegen des häufig lang zurückliegenden Verkaufsfalles auch dieser erleichterte Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit häufig nicht zu führen sein. Für einen Ein-Mann-Betrieb ohne Mitarbeiter gilt dies erst recht.

 

Rz. 292

Der Privatverkäufer, der einen Unfall oder Mangel nicht angegeben hat, muss eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür nachweisen,

dass der Pkw in seiner Besitzzeit keinen Unfall hatte bzw. der beanstandete Mangel nicht aufgetreten ist,
dass er von einem nicht erkennbaren Mangel keine Kenntnis hatte.
 

Rz. 293

Hierzu eignen sich Zeugenaussagen – z.B. des Vorbesitzers – Werkstatt- und Inspektionsrechnungen und der beim Ankauf geschlossene Kaufvertrag.

 

Rz. 294

 

Praxistipp

Dem Verkäufer ist zu empfehlen, den Vertrag, mit dem er selbst das Kfz erworben hat, aufzubewahren, außerdem Kopien von allen Unterlagen, die er dem Käufer mitgibt oder im Pkw belässt, insbesondere von Reparaturrechnungen, TÜV-Berichten usw. Falls der Käufer später Mängel oder Unfallschäden behauptet oder feststellt, kann dann mit Hilfe dieser Unterlagen leichter die fehlende Kenntnis nachgewiesen werden.

[729] Lorenz, NJW 2007, 1, 2.
[730] OLG Naumburg SP 2012, 343.
[731] Palandt/Grüneberg, § 280 Rn 40; Finkenauer, WM 2003, 665, m.w.N. auch für die Gegenansicht.
[732] BGH NJW-RR 1992, 1338.
[733] Jauernig, § 280 Rn 25.
[734] Vgl. hierzu auch Finkenauer, WM 2003, 665 ff.

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