Rz. 126

In der Diskussion um Behindertentestamente scheint es häufig so, als seien Menschen mit Behinderung immer auch gleichzeitig Sozialhilfeempfänger. Das ist aber nicht zwingend. Menschen mit Behinderung können im fortgeschrittenen Alter häufig ihren existentiellen Bedarf, der bisher durch Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII gesichert wurde, ganz oder teilweise selbst decken.

 

Rz. 127

Das ist dann der Fall, wenn sie lange genug in einer Werkstatteinrichtung für behinderte Menschen gearbeitet haben. Behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten stehen zu den Werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, soweit sich aus dem zugrundeliegenden Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt. Die Werkstätten zahlen aus ihrem Arbeitsergebnis an die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen ein Arbeitsentgelt (§ 221 Abs. 2 SGB IX). Ihre Tätigkeit ist rentenversicherungspflichtig (§ 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI). Es werden Rentenbeiträge abgeführt und diese Beiträge werden auf die sogenannte Wartezeit angerechnet. Für die Höhe der Rente spielt es keine Rolle, wie hoch das tatsächliche Einkommen in der Einrichtung war. Die geringen Entgelte werden in der Rentenversicherung aufgestockt. Nach § 162 Nr. 2 SGB VI werden als Einnahmen mindestens 80 % der sog. Bezugsgröße zugrunde gelegt. Man tut also so, als hätte der behinderte Mensch 80 % des durchschnittlichen Verdienstes aller Versicherten verdient.

Vgl. hierzu ausführlich Fallbeispiel 71 und 72 (siehe § 6 Rdn 14 und Rdn 24).

 

Rz. 128

Das Einkommen aus der Erwerbsminderungsrente wird dem existentiellen Bedarf des behinderten Menschen gegenübergestellt und dabei ergibt sich nicht selten, dass die Kosten für den existentiellen Lebensbedarf von einem behinderten Menschen, der 20 Jahre in einer Werkstatteinrichtung gearbeitet hat – gegebenenfalls mit geringen Abweichungen – aus seiner Erwerbsminderungsrente selbst getragen werden können. Grundsicherungsleistungen sind dann nicht oder allenfalls in geringem Umfang notwendig und freiere Gestaltung mit größerem Nutzen ist möglich.

Sind dann im Wesentlichen nur noch Eingliederungshilfeleistungen nötig, gilt das oben Gesagte. Eine Erbschaft ist im SGB IX kein Einkommen und der Schonvermögensbetrag ist nach § 139 SGB IX ein Vielfaches höher als im SGB XII.

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