Rz. 80

Die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 ff. ZPO stellt ein probates Mittel dar, um streitige Fragen aus Anlass eines Verkehrsunfalls über

den Umfang eines Sach- oder Personenschadens und
die Schadensursache und/oder den Schadenshergang

gerichtlich klären zu lassen. Dadurch lässt sich u.U. ein umfassendes Klageverfahren vermeiden. Außerhalb eines laufenden Rechtsstreits kann das selbstständige Beweisverfahren ausschließlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der in Rede stehenden Fragen zum Gegenstand haben. Als Zulässigkeitsvoraussetzung muss der Antragsteller nachweisen, dass er ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens besitzt. Das Interesse wird bejaht, wenn das Verfahren zur Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Bei der Abwicklung von Verkehrsunfällen mit dem Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherer dürfte dies in aller Regel der Fall sein.[38] Auch nach einem Personenschaden ist es grundsätzlich zulässig, den entgangenen Gewinn im selbstständigen Beweisverfahren gem. § 485 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO feststellen zu lassen. Der Antragsteller muss in diesem Fall aber ausreichende Anknüpfungstatsachen für die begehrte Feststellung durch den Sachverständigen vortragen.[39] Der Geschädigte verstößt jedoch gegen seine Schadenminderungsobliegenheit, wenn er sich des Beweissicherungsverfahrens bedient, bevor er seinen Anspruch gegenüber dem Schädiger oder dessen Versicherung geltend gemacht hat und Streit über den Umfang und die Höhe des Schadens besteht.[40]

 

Rz. 81

 

Beispiel

Der Mandant A ist Opfer eines Verkehrsunfalls, bei dem sein Pkw erheblich beschädigt wurde. Unfallgegner ist B, der bei C Kfz-haftpflichtversichert ist. Beide Fahrzeuge stießen auf einer einsamen Landstraße frontal zusammen. A behauptet, B sei unmittelbar vor dem Zusammenstoß von seiner Fahrspur auf die des A geraten und habe dadurch den Verkehrsunfall verursacht und verschuldet. B behauptet dasselbe von A. Der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig. Es existieren keinerlei Unfallzeugen. Die Polizei hat sämtliche Unfallspuren gesichert und maßstabsgetreue Unfallskizzen gefertigt. Beide Unfallfahrzeuge wurden noch nicht repariert.

[38] Beispielhaft: OLG Düsseldorf MDR 2009, 588.
[40] LG Düsseldorf VersR 1968, 262.

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