Rz. 46
Den vorläufigen Schlusspunkt in der Diskussion zur Inhaltskontrolle von Erb- und Pflichtteilsverzichten bildet die Entscheidung des BGH vom 19.1.2011.[119] In dem dort entschiedenen Fall hatte kurz vor Eintritt des Erbfalls eine körperbehinderte Sozialhilfeempfängerin ohne Gegenleistung auf ihren gesetzlichen Pflichtteil verzichtet. Der Sozialhilfeträger hatte nach Eintritt des Erbfalls die Sittenwidrigkeit des Pflichtteilsverzichts geltend gemacht und den deswegen angeblich noch bestehenden Pflichtteilsanspruch übergeleitet. Demgegenüber hat der BGH festgestellt, dass ein Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers grundsätzlich nicht sittenwidrig ist. Die Entscheidung ist sehr umfangreich und ausführlich begründet. Insbesondere konnte der BGH nicht feststellen, dass in solchen Fällen ein Verstoß gegen eine übergeordnete Werteordnung vorliege. Dabei stellt der BGH seine neue Entscheidung in eine Kontinuität zur Rspr. dieses Senats zur grundsätzlichen Wirksamkeit des sog. Behindertentestaments.[120] Dazu betont er abermals, dass der Nachranggrundsatz des Sozialhilferechts (§ 2 SGB XII), mit dessen Verletzung vor allem die Sozialhilfeträger die Sittenwidrigkeit solcher Gestaltungen begründet hatten, vielfach selbst im Sozialhilferecht durchbrochen werde und damit seine prägende Kraft verloren habe.
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