Rz. 1

Bei der Gestaltung von Vorsorgevollmachten sind zwingend alle Rechtskreise zu berücksichtigen und der Mandantschaft zu erläutern, die durch die Vollmacht begründet werden. In Summe sind drei verschiedene Rechtsverhältnisse zu beachten. Zum einen das Rechtsverhältnis zwischen dem Bevollmächtigten und den Dritten (Außenverhältnis). Weiterhin das Rechtsverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten (Grundverhältnis). Zuletzt ist auch das mit der Ausübung der Vollmacht entstehende Rechtsverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und den Dritten zu berücksichtigen.

 

Rz. 2

Der Schwerpunkt bei der Erstellung von Vorsorgevollmachten und den zugehörigen Begleitverfügungen liegt sowohl seitens der Rechtsberater als auch seitens der Vollmachtgeber regelmäßig auf der rechtlichen Ausgestaltung und Individualisierung der Regelungen des Außenverhältnisses, mithin auf der eigentlichen Vollmachtsurkunde.[1] Primäres Ziel bei der Erstellung von Vorsorgevollmachten ist somit zumeist, das Verhältnis zwischen dem Bevollmächtigten und außenstehenden Dritten, gegenüber welchen der Vollmachtnehmer später im Namen des Vollmachtgebers rechtsverbindlich agieren können soll, so auszugestalten, dass eine bestmögliche Vertretung im Interesse des Vollmachtgebers gewährleistet ist. Sekundär erscheint bei der Gestaltung zumeist die Regelung des Grundverhältnisses zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten. Hier wird regelmäßig die rechtliche Tragweite des Grundverhältnisses verkannt, häufig mit später nicht erwarteten oder nicht mehr zu korrigierenden Folgen. Einerseits sollte der Rechtsberater hier sensibilisiert sein und andererseits sollte der Vollmachtgeber hier sensibilisiert werden, da sich aus dem Grundverhältnis die späteren gegenseitigen Ansprüche zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten ableiten werden und auch herleiten lassen müssen. Eine Sensibilisierung auf Seiten des beratenden Rechtsanwaltes oder Notares ist zudem auch deshalb ratsam, da der jeweilige Berater häufig in dem Spannungsfeld zwischen Vollmachtgeber, Bevollmächtigtem und späteren Rechtsnachfolgern des Vollmachtgebers agiert.[2]

 

Rz. 3

Sowohl aus Sicht des Vollmachtgebers als auch aus Sicht des Bevollmächtigten muss somit neben dem Außenverhältnis zwingend auch die konkrete Gestaltung des Grundverhältnisses bedacht werden. Das Grundverhältnis ist das entscheidende Rechtsverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten, aus welchem hervorgeht, nach welchen Regeln der Bevollmächtigte handeln soll, welche Verpflichtungen den Bevollmächtigten treffen und welche Ansprüche der Bevollmächtigte im Zusammenhang mit der Vollmacht geltend machen kann. Das Grundverhältnis ist somit für den Vollmachtgeber und den Bevollmächtigten von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus hat es auch hohe Bedeutung für die übrigen (direkt oder indirekt) betroffenen Kreise, seien es die späteren Erben des Vollmachtgebers, seien es die Kontrollbevollmächtigten oder aber die (zukünftigen) Vertragspartner des Vollmachtgebers.

 

Praxistipp

Beispielhaft sei hier nur auf diejenigen Fälle hingewiesen, in welchen die späteren Erben/Rechtsnachfolger des Vollmachtgebers an den Rechtsberater herantreten und nach ihren Rechten und Ansprüchen gegenüber dem Bevollmächtigten, welcher in diesen Fällen häufig über Jahre im Namen des Vollmachtgebers gehandelt hat, fragen. Gerade hier zeigt sich, häufig erst Jahre später und ohne eine Option der nachträglichen Heilung, ob die Beratung bei der Errichtung der Vollmacht hinreichend genug erfolgt ist.

 

Rz. 4

Weiterhin besteht bei einer unzureichenden Ausgestaltung des Außenverhältnisses auch das Risiko, dass der Bevollmächtigte die Vertretung (später) ablehnt, da er negative Folgen, die sich aus der unklaren Regelung des Grundverhältnisses ergeben können, vermeiden möchte. Bei einer unzureichenden Regelung des Grundverhältnisses droht somit, dass der Bevollmächtigte die Interessen des Vollmachtgebers später nicht derart wahrt (oder wahren kann), wie es von dem Vollmachtgeber bei der Errichtung der Vollmacht geplant war. Zudem drohen langwierige Rechtstreitigkeiten hinsichtlich der Rechte und Verpflichtungen des Bevollmächtigten. Sind weitere Personen involviert, wie dies zum Beispiel bei der Bestimmung von Kontrollbevollmächtigten gegeben sein kein, so ist auch deren Tätigkeit erheblich erschwert, wenn das Grundverhältnis keiner eindeutigen Regelung unterworfen wurde.

 

Rz. 5

Die dritte aus der Vollmacht erwachsende Rechtsbeziehung, welche erst mit der Ausübung der Vollmacht durch den Bevollmächtigten zwischen dem Vollmachtgeber und den außenstehenden Dritten entsteht, stellt insoweit ein weiteres zu berücksichtigendes Rechtsverhältnis dar, welches jedoch nur mittelbar durch die Ausgestaltung des oben dargestellten Innen- und Außenverhältnisses einer Regelung zugeführt werden kann.

 

Rz. 6

Nachfolgend wird auf das Grundverhältnis eingegangen und dargestellt, wie die Rechtsbeziehung zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächti...

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