Rz. 12

BGH, Urt. v. 28.6.2011 – VI ZR 184/10, VersR 2011, 1070

Zitat

StVG § 7; BGB § 249; FSHG NW § 41 Abs. 2

Die Möglichkeit des Kostenersatzes nach § 41 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FSHG NW schließt nicht von vornherein zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 StVG aus.

a) Der Fall

 

Rz. 13

Die Klägerin verlangte aus abgetretenem Recht der Gemeinde B. Ersatz der Kosten für die Beseitigung einer Ölspur.

 

Rz. 14

Der Beklagte zu 1 war Halter eines bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Traktors, der bei einer Panne Hydrauliköl verlor. Dadurch wurde die im Eigentum der Gemeinde stehende Straße im Bereich der Ortsdurchfahrt verunreinigt. Nachdem die städtische Feuerwehr die verschmutzte Stelle mit Ölbindemittel abgestreut hatte, beauftragte die Gemeinde, um die Verkehrssicherheit der Straße wiederherzustellen, die Firma D. damit, die Ölspur zu entfernen. Die Firma D. reinigte den Straßenbelag mit Spezialfahrzeugen im Nassreinigungsverfahren. Hierfür stellte sie der Gemeinde 2.937 EUR in Rechnung. In dieser Höhe trat diese an die Firma D. Ersatzansprüche gegen den Halter und den Haftpflichtversicherer des Traktors ab. Die Firma D. übertrug die Forderungen weiter an die Klägerin.

 

Rz. 15

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

b) Die rechtliche Beurteilung

 

Rz. 16

Die Revision hatte Erfolg.

Allerdings verneinte das Berufungsgericht zutreffend einen eigenen Anspruch der Firma D. gegen die Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 677, 683 S. 1 BGB.

 

Rz. 17

Beruht die Verpflichtung des Geschäftsführers auf einem wirksam geschlossenen Vertrag, der die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt, kann ein Dritter, dem das Geschäft auch zugute kommt, nicht auf Aufwendungsersatz wegen einer Geschäftsführung ohne Auftrag in Anspruch genommen werden. Dies war hier der Fall. Die Firma D. reinigte die Straße aufgrund eines Vertrages mit einer Entgeltregelung und erfüllte damit ihre vertragliche Verpflichtung.

 

Rz. 18

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin der öffentlich-rechtliche Kostenersatzanspruch gemäß § 41 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FSHG NW nicht wirksam abgetreten worden war, war aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden.

 

Rz. 19

Zwar sind öffentlich-rechtliche Forderungen grundsätzlich abtretbar. Die Vorschriften der §§ 398 ff. BGB sind nach Maßgabe der Besonderheiten der einschlägigen Rechtsmaterie entsprechend anzuwenden. Ergibt sich allerdings aus den Besonderheiten des öffentlichen Rechts, insbesondere aus der Rechtsnatur der Forderung, die Unvereinbarkeit einer Abtretung mit der der Forderung zugrunde liegenden Rechtsordnung, ist die Abtretung nichtig. Dies ist bei der Abtretung öffentlich-rechtlicher Forderungen – insbesondere an eine Privatperson – dann der Fall, wenn damit die öffentlich-rechtliche Verfahrens- und Zuständigkeitsordnung umgangen und sowohl öffentliche als auch schützenswerte private Interessen in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt würden. Nach diesen Grundsätzen kann eine Forderung über Kosten, deren Erhebung im Ermessen der Behörde steht und die einer behördlichen Festsetzung der Höhe nach bedarf, vor Erlass des Leistungsbescheids nicht abgetreten werden. Eine solche Forderung entsteht nämlich nicht bereits mit der Verwirklichung des dem Ersatzbegehren zugrunde liegenden Sachverhalts. Sie bedarf der behördlichen Festsetzung. Zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen tritt bei Erlass des Leistungsbescheids die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bei Festsetzung der Höhe des Anspruchs und des Leistungspflichtigen.

 

Rz. 20

Eine solche Festsetzung fehlte im Streitfall, von dem Erfordernis einer satzungsmäßigen Regelung des Kostenersatzes gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 FSHG NW abgesehen. Mithin war ein etwaiger Kostenersatzanspruch der Gemeinde nach § 41 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FSHG NW jedenfalls nicht abtretbar.

 

Rz. 21

Mit Erfolg wandte sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Gemeinde könne wegen der insoweit vorrangigen Regelung des § 41 FSHG NW keinen Schadensersatz nach zivilrechtlichen Vorschriften beanspruchen. Der Gemeinde standen dem Grunde nach Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1 gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und gegen die Beklagte zu 2 i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zu, die an die Klägerin abgetreten wurden.

 

Rz. 22

Dass das aus dem Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1 ausgelaufene Hydrauliköl die im Eigentum der Gemeinde stehende Straße in deren bestimmungsgemäßer Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigte und mithin eine Sachbeschädigung vorlag, die dem Betrieb des Fahrzeugs des Beklagten zu 1 zuzurechnen war, wurde von keiner Seite in Frage gestellt. Dagegen war rechtlich auch nichts zu erinnern. Betriebsstoffe, die von einem im öffentlichen Straßenraum befindlichen Fahrzeug auslaufen, sind dem Betrieb des Fahrzeugs zuzurechnen. Die zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der...

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