Rz. 211

Auch nach Annahme der Erbschaft steht dem Erben die Einrede zu, die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit innerhalb der ersten drei Monate nach Erbschaftsannahme zu verweigern (§ 2014 BGB). Das Gesetz gewährt dem Erben eine Schonfrist, damit er sich einen Überblick über den Nachlassbestand (Aktiva und Passiva) verschaffen kann. Die Frist beginnt mit der Annahme der Erbschaft, also spätestens nach Ablauf der Ausschlagungsfrist.

 

Rz. 212

Bei Bestellung eines Nachlasspflegers vor Erbschaftsannahme beginnt die Frist schon mit der Bestellung, § 2017 BGB. Die Bestellung des Nachlasspflegers erfolgt durch Beschluss des Nachlassgerichts. Dieser Beschluss wird wirksam mit der Bekanntgabe an den Nachlasspfleger, § 40 FamFG, im Falle der Anordnung der Nachlassverwaltung auch durch Bekanntgabe an die Erben. Der Bestellungsbeschluss ist mit der sofortigen Beschwerde mit Monatsfrist anfechtbar, §§ 58 ff. FamFG. Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beschlusses und Beginn der Fristen der §§ 2014, 2015 BGB fallen demnach zusammen.

 

Rz. 213

Streitig ist, ob § 2017 BGB für den Fall analog anzuwenden ist, dass der Testamentsvollstrecker die Annahme seines Amtes gegenüber dem Nachlassgericht früher erklärt (§ 2202 Abs. 1 und 2 BGB), als der Erbe die Erbschaft annimmt. Im Hinblick darauf, dass der Testamentsvollstrecker das Gläubigeraufgebot erst nach Annahme der Erbschaft durch den Erben beantragen kann (§ 455 Abs. 3 FamFG), verneint die h.M. die analoge Anwendung auf den Testamentsvollstrecker.[237]

 

Rz. 214

Für das Aufgebotsverfahren gelten die Aufgebotsvorschriften der §§ 433 ff. FamFG.

 

Rz. 215

Ergänzt wird § 2014 BGB durch § 305 Abs. 1 ZPO: Im Prozess führt die Geltendmachung der Einrede zur Aufnahme des Vorbehalts der zeitweiligen auf maximal drei Monate befristeten beschränkten Erbenhaftung in das Urteil.

 

Rz. 216

Für die Zwangsvollstreckung gilt § 782 ZPO: Aufgrund des Vorbehalts ist eine etwaige Zwangsvollstreckung auf reine Sicherungsmaßnahmen (Pfändung ohne Verwertung, wie beim Arrest nach §§ 930932 ZPO) zu beschränken. Durchgesetzt wird der Vorbehalt mit der Vollstreckungsgegenklage, §§ 785767 ZPO. Um sich die Möglichkeit einer umfassenden Haftungsbeschränkung zu eröffnen, ist dem beklagten Erben dringend zu empfehlen, nicht nur einen Antrag gem. § 305 ZPO zu stellen, sondern gleichzeitig auch den umfassenden Antrag gem. § 780 ZPO.[238]

[237] Grüneberg/Weidlich, § 2017 BGB Rn 2; MüKo/Küpper, § 2017 BGB Rn 3; Soergel/Stein, § 2017 BGB Rn 4; Staudinger/Marotzke, § 2017 BGB Rn 4.
[238] Zum Umfang anwaltlicher Pflicht zur Beantragung des Haftungsbeschränkungsvorbehalts: BGH ZEV 2009, 529.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge