Rz. 186

Die Abgrenzung zwischen Eigenschulden des Erben und den Nachlassverbindlichkeiten ist erforderlich, um festzustellen, ob der Erbe nach § 1978 Abs. 3 BGB Ersatzforderungen gegen den Nachlass geltend machen kann und ob der Erbe im Prozess einen Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 Abs. 2 ZPO bekommen kann. Dafür wurde von der Rechtsprechung folgender Maßstab entwickelt:

Vom Erben selbst eingegangene Verbindlichkeiten sind dann sowohl Eigenverbindlichkeiten als auch Nachlassverbindlichkeiten, wenn sie "vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses eingegangen" wurden.[210] Entspricht die Verwaltungsmaßnahme, die zu der Begründung der betreffenden Verbindlichkeit geführt hat, nicht einer ordnungsmäßigen Verwaltung, so wurde damit keine Nachlassverbindlichkeit, sondern lediglich eine Eigenverbindlichkeit des Erben begründet.

Eine Abwasserbeitragsschuld, die nach dem Tod des Erblassers entsteht, ist keine reine Nachlassverbindlichkeit, sondern eine eigene Verbindlichkeit des Erben, die insoweit nicht der Haftungsbeschränkung der §§ 1975, 1990 BGB unterliegt.[211]

Steht ein in einem Sanierungsgebiet gelegenes Grundstück im Zeitpunkt der Entstehung der sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetragsforderung im Eigentum einer Erbengemeinschaft, so sind die Erben als Gesamthandseigentümer Eigentümer i.S.d. § 154 Abs. 1 S. 1 BauGB. Jeder Miterbe kann als Gesamtschuldner zur Entrichtung des Ausgleichsbetrags herangezogen werden und hat im Innenverhältnis zu den Miterben einen Ausgleichsanspruch nach Maßgabe der §§ 421, 426 BGB.[212]

 

Rz. 187

Praktische Bedeutung erlangt die Abgrenzung zwischen Nachlassverbindlichkeiten und Eigenverbindlichkeiten dann, wenn eine Haftungsbeschränkungsmaßnahme herbeigeführt wird. Mit der damit eintretenden Gütersonderung können Gläubiger des Erben wegen dessen Eigenschulden keinen Zugriff mehr nehmen auf Nachlassgegenstände (§ 1984 Abs. 2 BGB, § 784 Abs. 2 ZPO). Andererseits stehen den Nachlassgläubigern in diesem Falle Vermögensgegenstände des Erben aus seinem Eigenvermögen nicht mehr als Haftungsgrundlage zur Verfügung.

 

Rz. 188

Kosten eines Rechtsstreits: Es entspricht allgemeiner Meinung, dass Kosten eines Rechtsstreits, den der Erbe im Hinblick auf den Nachlass führt, Nachlasserbenschulden sind und dass deshalb ein Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung sich nur auf die Hauptsache, nicht aber auf die Kosten bezieht,[213] sofern es sich nicht um eine reine Erblasserschuld handelt oder einen vom Erblasser begonnenen und vom Erben aufgenommenen Rechtsstreit.

Will der Erbe der persönlichen Haftung wegen der Kosten der gerichtlichen Geltendmachung entgehen, dann bleibt ihm nur der Weg, unter den Voraussetzungen des § 93 ZPO den Anspruch unter Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung anzuerkennen.[214]

[210] BGHZ 32, 60, 64; Staudinger/Marotzke, § 1967 BGB Rn 42.
[211] OVG Weimar, Beschl. v. 9.4.2009 – 4 EO 592/05, FamRZ 2009, 1866 = LKV 2009, 476; VG Halle ZEV 2011, 92.
[212] OVG Saarlouis ZEV 2014, 119.
[213] Soergel/Stein, § 1967 BGB Rn 12; Staudinger/Marotzke, § 1967 BGB Rn 47; MüKo/Küpper, § 1967 BGB Rn 37; Stein/Jonas/Bork, vor § 91 ZPO Rn 10a; Zöller/Stöber, § 780 ZPO Rn 7; OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 372; OLG Stuttgart JurBüro 1976, 675.
[214] OLG München JurBüro 1995, 659 = OLGR München 1995, 213; Stein/Jonas/Bork, § 93 ZPO Rn 4; Zöller/Stöber, § 780 ZPO Rn 6; Staudinger/Marotzke, § 1967 BGB Rn 47.

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