Rz. 28

Qualifizierte elektronische Signaturen sind fortgeschrittene elektronische Signaturen, die gem. Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO zudem

von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurden und
auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruhen.
 

Rz. 29

Ein qualifiziertes Zertifikat für elektronische Signaturen ist ein von einem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter ausgestelltes Zertifikat für elektronische Signaturen, das die Anforderungen des Anhangs I erfüllt, Art. 3 Nr. 15 eIDAS-VO.

 

Rz. 30

Für die Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur sind bei Nutzung einer beA-Karte der 1. Generation (max. bis Ende 2022) eine Signaturkarte sowie ein Kartenlesegerät eines zertifizierten Herstellers erforderlich. Bei Einsatz einer beA-Karte der 2. Generation wird eine Fernsignatur eingesetzt. Diese Signatur besitzt von den zuvor genannten dreien das höchste Sicherheitsniveau; nur sie hat im elektronischen Rechtsverkehr die gleiche Wirkung wie die eigenhändige Unterschrift. Ob sie allerdings auch im materiell-rechtlichen Rechtsverkehr die gleiche Wirkung hat, ist davon abhängig, ob eine gesetzlich vorgeschriebene Schriftform elektronisch ersetzt werden kann, siehe dazu § 12 Rdn 143 in diesem Werk. Hier ist besondere Vorsicht geboten, um nicht in eine Haftungsfalle zu geraten.

 

Rz. 31

Anwälte erhalten nicht automatisch eine Fernsignatur. Sie müssen diese vielmehr beantragen und aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen einen signaturrechtlichen Vorgang durchlaufen. Die Bundesnotarkammer informiert auf ihrer Internetseite über diese Fernsignatur recht ausführlich.[24] Zu den Produktpreisen siehe auch § 5 Rdn 10 in diesem Werk.

 

Rz. 32

Wird im beA qualifiziert elektronisch signiert, erzeugt die beA-Software automatisch eine Signaturdatei, die namensgleich mit der signierten Datei ist, den Zusatz ".p7s" trägt und automatisch an die Nachricht angehängt wird. Die "Unterschrift" ist die qualifizierte elektronische Signatur, weshalb der Schriftsatz zwingend mit der Signaturdatei zusammen in derselben Nachricht versendet wird.

 

Rz. 33

Vor Absendung muss geprüft werden, ob diese qualifizierte elektronische Signatur technisch fehlerfrei erzeugt wurde, indem ein entsprechender Prüfbutton geklickt wird, siehe § 14 Rdn 21 sowie Rdn 86 in diesem Kapitel. Die Prüfung wird vom System nach Klicken des entsprechenden Prüfbuttons automatisch vorgenommen. Es stellt sich die Frage, ob und ggf. was bei Anbringung der qualifizierten elektronischen Signatur unter dem Schriftsatz geschrieben stehen sollte. Wurde ein Schriftsatz qualifiziert elektronisch signiert, ist kein Zusatz vorgeschrieben. Es empfiehlt sich, obwohl gesetzlich keine entsprechende Anforderung normiert ist, am Ende des Schriftsatzes den Namen des verantwortlichen Anwalts maschinenschriftlich wiederzugeben und den Vermerk aufzunehmen, dass qualifiziert elektronisch signiert wurde.

 

Rz. 34

 

Beispiel

(…)

Klage ist daher geboten.

 
 
Dr. Anton Mustermann

Rechtsanwalt

Dieser Schriftsatz ist qualifiziert elektronisch signiert.

 

Rz. 35

Zu Recht hat das LG Hamburg entschieden, dass bei Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur der Schriftsatz nicht noch zusätzlich mit einer einfachen Signatur (maschinenschriftliche Namenszeile unter dem Antrag) zu versehen ist.[25]

 

Rz. 36

Damit der Richter jedoch weiß, wann der Schriftsatz zu Ende ist und (ohne weitere Prüfung) wer den Schriftsatz verantwortet, bietet es sich jedoch an, auch hier den verantwortlichen Anwalt namentlich zu nennen. Dies ist auch eine Frage des Stils. Zudem hat ein solcher Zusatz zwei Vorteile: Man erhält eine gewisse Routine und muss nicht bei jedem Schriftsatz neu überlegen, ob und ggf. was eingetippt wird. Und darüber hinaus man kann jederzeit in der Papier- oder E-Akte feststellen, welche der beiden Einreichvarianten gewählt wurde. Moniert also z.B. die Gegenseite die Wirksamkeit der Signatur, weiß man mit einem Blick "zu diesem Schriftsatz muss es eine Signaturdatei geben" (bei Wahl der Variante mit qeS nach § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 ZPO) oder aber auch "zu diesem Schriftsatz finde ich einen VHN im Prüfprotokoll (bei Wahl der Variante mit einfacher Signatur und Eigenversand nach § 130a Abs. 3 S. 1 Alt 2 ZPO), siehe hierzu auch Rdn 123 in diesem Kapitel."

 

Rz. 37

Weitere Rechtsprechung zur qualifizierten elektronischen Signatur ist in diesem Kapitel unter Rdn 135 u. 166 dargestellt.

 

Rz. 38

Die technische Anbringung von qualifizierten elektronischen Signaturen im beA wird in § 13 ab Rdn 53 in diesem Werk bildlich dargestellt und erläutert.

[24] Https://zertifizierungsstelle.bnotk.de/fileadmin/user_upload_zs/Dokumente/Downloads/BNotK-ZS_Unterrichtungsbroschuere_August_2021.pdf (Abruf: 13.7.2022).
[25] LG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2021 – 322 T 92/20, BeckRS 2021, 6493 = NJW-RR 2021, 717.

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