Rz. 80

Wegen eines Regelungs- oder Beweissicherungsinteresses wird kein Gerichtsverfahren eingeleitet. Es wird eine Vereinbarung getroffen, in der diesbezügliche Bestätigungen enthalten sind. Rechtshängig wird hier nichts. Die herabgesetzte Bewertung (vgl. Rdn 53) verwirklicht sich bei der Bewertung für die Einigungsgebühr, für die Geschäftsgebühr und ggf. für die gekürzte Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG und Terminsgebühr Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV RVG. Anders ist die Lage beim Titulierungsinteresse. Diesem Interesse kann sowohl durch eine vertragliche Regelung Rechnung getragen werden, als auch – das ist der eigentliche Standort des Titulierungsinteresses – durch die Einreichung eines Antrags bei Gericht, also einer Klage.

Die vertragliche außergerichtliche Regelung ist eine notarielle Urkunde mit Vollstreckungsunterwerfung, für Kindesunterhalt auch die Jugendamtsurkunde.

Wird eingeklagt: dann ist unstreitig, dass alle Gebühren, auch die Einigungsgebühr, anfallen, und zwar alle aus dem vollen Wert (§§ 35, 51 FamGKG).[106]
Wenn das Titulierungsinteresse dagegen außergerichtlich geltend gemacht wird, fallen alle Gebühren aus einem ermäßigten Wert an.[107]
 

Rz. 81

 

Beispiel

Kindesunterhalt i.H.v. 250,00 EUR ist bereits tituliert. Der Unterhaltsschuldner zahlt freiwillig 50,00 EUR monatlich mehr, also insgesamt 300,00 EUR. Er will aber nicht noch weitere 75,00 EUR, zusammen 375,00 EUR, bezahlen. Deshalb wird er auf den Spitzenbetrag von 125,00 EUR verklagt. Es wird eine Einigung geschlossen, in welcher sich der Beklagte verpflichtete, über den titulierten Betrag von 250,00 EUR hinaus weitere 80,00 EUR zu bezahlen.

Ist der Wert dieses Vergleichs 75,00 EUR × 12 = 900,00 EUR, oder 125,00 EUR × 12 = 1.500,00 EUR, oder ein Zwischenwert?

Ergebnis: Der Wert ist 1.500 EUR.

 

Rz. 82

In diesem Beispiel geht es um die 50,00 EUR monatlich, die der Schuldner freiwillig über den schon titulierten Betrag hinaus bezahlt. Der Anwalt kann diesen Betrag mit einklagen und verlangt dann "über die titulierten 250,00 EUR hinaus monatlich weitere 125,00 EUR". Er könnte auch die 50,00 EUR weiterhin untituliert lassen und nur den Mehrbetrag einklagen ("über die titulierten 250,00 EUR und die freiwillig bezahlten 50,00 EUR hinaus weitere 75,00 EUR"). Wenn der Anwalt in diesem Fall nur eine Zusammenfassung macht, und schreibt, "insgesamt also 375,00 EUR", ist die Frage, ob das so auszulegen ist, dass auch die freiwillig bezahlten 50,00 EUR tituliert werden sollen. Das muss klargestellt sein.

 

Rz. 83

Anders ist es, wenn nur eine außergerichtliche Einigung stattfindet: dann gelten die geringeren Werte des Titulierungsinteresses (¼ bis 1/10 der geltend gemachten Forderung je nach Einzelfall).[108]

[106] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 1000 Rn 198 f. m.w.N., OLG Hamburg Fam RZ 2013, 2010.
[107] Hierzu Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 1000 Rn 197 ff., 206; Anh. VI Rn 570–593 insbesondere 576: maximal die 20 % des Wertes gem. § 31b RVG; nach bisheriger Rspr. wurden je nach Einzelfall 1/20 – ½ des rechnerischen Wertes angesetzt.
[108] Reduzierte Werte für den nicht anhängigen Anspruch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe/Mayer, Anh. VI Rn 575.

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