Rz. 74

Ein Scheidungsfolgenvergleich wird in der Regel unter der Bedingung geschlossen, dass er erst bei Rechtskraft des gerichtlichen Scheidungsbeschlusses wirksam wird. Kommt es also aus irgendeinem Grund nicht zum rechtskräftigen Scheidungsbeschluss, dann ist auch der Vergleich nicht wirksam und eine Einigungsgebühr entsteht nicht (Nr. 1000 Anm. Abs. 3 VV RVG). Deswegen kann die Einigungsgebühr auch als Erfolgsgebühr bezeichnet werden.

Scheidungsfolgenvereinbarungen können auf zwei verschiedene Weisen getroffen werden:

durch Verhandlungen über anhängige oder nicht anhängige Scheidungsfolgesachen innerhalb des gerichtlichen Scheidungsverfahrens oder
durch selbstständige außergerichtliche Verhandlungen bzw. Besprechungen zwischen den Anwälten der Ehegatten über bestimmte Scheidungsfolgesachen.

1. Gebühren bei gerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarungen

 

Rz. 75

Wird für anhängige Folgesachen ein Scheidungsfolgenvergleich gerichtlich protokolliert, so ist die Berechnung der Anwaltsgebühren ganz einfach: Zusätzlich zu den entstandenen Gebühren für die Durchführung des Verfahrens (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr) erhält der RA eine 1,0 Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV RVG).

 

Beispiel:

Die Eheleute Dingskirchen haben die Scheidung beantragt. Vor der Eheschließung hatten sie den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Kinder sind nicht vorhanden. Frau Dingskirchen fordert einen monatlichen Unterhalt von 600,00 EUR und Herr Dingskirchen einen Teil der Haushaltsgegenstände im Wert von 10.000,00 EUR. Das gemeinsame monatliche Nettoeinkommen der Eheleute beträgt 5.000,00 EUR. RA Krokus vertritt den Ehemann.

Im Scheidungstermin hört das Gericht die Eheleute an. Nach längerer Erörterung wird im Termin ein Vergleich geschlossen und zu gerichtlichem Protokoll gegeben, wonach die Ehefrau auf den Unterhalt und der Ehemann auf die Teilung der Haushaltsgegenstände verzichten. Die Ehe wird geschieden.

Der Wert der Ehesache beträgt 3 x 5.000,00 EUR = 15.000,00 EUR. Die Unterhaltssache wird mit 12 x 600,00 EUR = 7.200,00 EUR bewertet und die Haushaltssache mit 3.000,00 EUR (§§ 51, 48 FamGKG).

Gegenstandswert: 25.200,00 EUR / 10.200,00 EUR

 
1,3

Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 25.200,00 EUR)
1.241,50 EUR
1,2

Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG

(Wert: 25.200,00 EUR)
1.146,00 EUR
1,0 Einigungsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nrn. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 10.200,00 EUR)* 666,00 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
    3.073,50 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 583,97 EUR
    3.657,47 EUR
* Ohne Wert der Ehesache!
 

Rz. 76

Wird in einem Eheverfahren ein Vergleich über nicht anhängige Folgesachen zu gerichtlichem Protokoll erklärt, so erwächst dem an dem Vergleich mitwirkenden RA hierfür eine 1,5 Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) und daneben für den Antrag auf gerichtliche Protokollierung der Einigung noch eine weitere 0,8 Verfahrensgebühr (Differenzverfahrensgebühr, Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG). Dabei darf gemäß § 15 Abs. 3 RVG die Differenzverfahrensgebühr zusammen mit der normalen Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren nicht mehr als eine 1,3 Verfahrensgebühr nach dem zusammengerechneten Wert der gerichtlich geltend gemachten und der nicht rechtshängigen Ansprüche ausmachen (vgl. § 2 Rdn 166 ff.).

 

Rz. 77

Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 i. V. m. Nr. 3104 VV RVG entsteht eine Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung eines Verfahrens gerichtet sind. Demnach kann der RA auch eine 1,2 Terminsgebühr für die Verhandlung über im Scheidungsverfahren nicht anhängige Ansprüche erhalten. Diese Terminsgebühr entsteht, wenn über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche mit der Gegenseite verhandelt wird mit dem Ziel, über diese Ansprüche zusammen mit den im Verfahren rechtshängigen Ansprüchen eine Einigung zu erzielen. In diesem Fall kann die Gebühr auch als "Differenzterminsgebühr" bezeichnet werden. Die Differenzterminsgebühr wird zusammen mit der Differenzverfahrensgebühr entstehen, siehe oben. Im Gegensatz zur Differenzverfahrensgebühr ist der Umgang mit der Differenzterminsgebühr aber dadurch einfacher, dass Letztere nur mit einem Gebührensatz von 1,2 entstehen kann, sodass eine Anwendung des § 15 Abs. 3 RVG im Unterschied zur Verfahrensgebühr unterbleiben kann. Siehe hierzu § 7 Rdn 19.

 

Rz. 78

Weiterhin ist eine Überprüfung der Einigungsgebühren nach § 15 Abs. 3 RVG vorzunehmen, wenn neben der 1,5 Einigungsgebühr für die nicht rechtshängigen Gegenstände (Nr. 1000 VV RVG) eine weitere 1,0 Einigungsgebühr für den Abschluss des Vergleichs auch über die rechtshängigen Gegenstände (Nr. 1003 VV RVG) entsteht. In diesem Fall darf keine höhere Einigungsgebühr als 1,5 nach dem Wert der insgesamt verglichenen Folgesachen erhoben werden. Dies gilt für den ersten Rechtszug, im Rechtsmittelverfahren beträgt der Gebührensatz der Einigungsgebühr 1,3 für die die rechtshängigen Gegenstände (Nr. 1004 VV RVG). (Zu § 15 Ab...

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