Rz. 87

Durch eine einstweilige Anordnung kann das Gericht eine vorläufige Maßnahme treffen, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht und die Maßnahme gerechtfertigt ist (§§ 49 ff., 119 Abs. 1 FamFG). Zuständig ist grundsätzlich das Gericht, das für die Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre (§ 50 FamFG). Es ist nicht Voraussetzung, dass ein Verfahren in der Hauptsache bereits anhängig ist.

Wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann, wird auch eine einstweilige Anordnung nur auf Antrag erlassen (§ 51 Abs. 1 FamFG). Der Antrag ist zu begründen und die Voraussetzungen für den Antrag sollen glaubhaft gemacht werden.

 

Rz. 88

Insbesondere in Unterhaltssachen sind die Sondervorschriften in den §§ 246 ff. FamFG über die einstweilige Anordnung zu beachten. Im Gegensatz zu § 49 FamFG ist es gemäß § 246 FamFG bei Unterhalt nicht erforderlich, ein dringendes Bedürfnis für das sofortige Tätigwerden des Gerichts glaubhaft zu machen. Außerdem ist in diesen Fällen die Wirkung der einstweiligen Anordnung nicht nur vorläufig. Daher kann das Gericht durch die einstweilige Anordnung den Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung zusprechen. Das Gleiche gilt für den Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für das gerichtliche Verfahren.

 

Rz. 89

Im Verfahren über jede einstweilige Anordnungen erhält der RA die Gebühren gemäß Nrn. 3100 ff. VV RVG gesondert, also falls die Hauptsache bereits anhängig ist, zusätzlich neben den Gebühren des Hauptverfahrens. Dies ergibt sich aus § 17 Ziff. 4 Lit. b RVG i. V. m. § 15 Abs. 1 und 2 RVG, denn jede einstweilige Anordnung ist gebührenrechtlich eine eigene Angelegenheit, da verfahrensrechtlich jede einstweilige Anordnung ein selbstständiges Verfahren ist, auch wenn eine Hauptsache anhängig ist (§ 51 Abs. 3 S. 1 FamFG). Auch wenn mehrere Anträge auf einstweilige Anordnungen gestellt werden, gilt jede einzelne einstweilige Anordnung als selbständige Angelegenheit. Für jeden Antrag auf einstweilige Anordnung wird also eine gesonderte Vergütungsrechnung erstellt und die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG wird für jede einstweilige Anordnung erneut berechnet.

 

Rz. 90

Die Gegenstandswerte für Verfahren der einstweiligen Anordnung sind nach den Vorschriften des FamGKG zu ermitteln (siehe auch Rdn 22 ff.). Die Verfahrenswerte werden also genauso ermittelt wie bei der entsprechenden Hauptsache, nur dass für die einstweilige Anordnung in der Regel nur die Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Wertes genommen wird (§ 41 FamGKG).

 

Beispiel:

Frau Schilp hat durch RA Gluck Scheidungsantrag stellen lassen. Während des Scheidungsverfahrens beantragt RA Gluck eine einstweilige Anordnung gegen den Ehemann auf Zahlung eines Kostenvorschusses für das gerichtliche Verfahren (§ 246 Abs. 1 FamFG) in Höhe von 990,90 EUR. Dieser Anspruch auf den Kostenvorschuss wird gemäß § 1360a Abs. 4 i. V. m. § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB wie Unterhalt behandelt. Es ergeht ein entsprechender Beschluss ohne mündliche Verhandlung, da eine solche nicht stattfinden muss (§ 246 Abs. 2 FamFG).

Später beantragt RA Gluck eine weitere einstweilige Anordnung, wonach der Ehemann einen monatlichen Unterhalt von 400,00 EUR zahlen soll. Das Gericht erlässt eine entsprechende einstweilige Anordnung durch Beschluss nach mündlicher Verhandlung, da es auf eine gütliche Beilegung hinwirken will (§ 246 Abs. 2 FamFG).

Jede einstweilige Anordnung ist gebührenrechtlich eine eigene Angelegenheit, da verfahrensrechtlich jede einstweilige Anordnung ein selbstständiges Verfahren ist, auch wenn eine Hauptsache bereits anhängig ist (§ 51 Abs. 3 S. 1 FamFG). Das bedeutet, dass neben der hier nicht gezeigten Vergütungsrechnung für das Scheidungsverfahren RA Gluck für jede der beiden einstweiligen Anordnungen jeweils eine Vergütungsrechnung erstellt.

I. Einstweilige Anordnung über den Kostenvorschuss

Der Verfahrenswert eines Verfahrens in der Hauptsache wäre in diesem Fall nach § 35 FamGKG 990,90 EUR. Dieser Wert wird bei einer einstweiligen Anordnung nach § 41 FamGKG halbiert.

Gegenstandswert: 495,45 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG 63,70 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
12,74 EUR
    76,44 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 14,52 EUR
    90,96 EUR

II. Einstweilige Anordnung über den Unterhalt

Der Wert eines Verfahrens in der Hauptsache wäre in diesem Fall 12 x 400,00 EUR = 4.800,00 EUR nach § 51 FamGKG. Dieser Wert wird bei einer einstweiligen Anordnung nach § 41 FamGKG halbiert.

Gegenstandswert: 2.400,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG 288,60 EUR
1,2 Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG 266,40 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
    575,00 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 109,25 EUR
    684,25 EUR
 

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