Rz. 153

Mit Eintritt der Volljährigkeit ist für den bisher minderjährigen Gesellschafter einer Personengesellschaft sein Sonderkündigungsrecht nach § 723 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB zu beachten. Dieses Kündigungsrecht ist unabdingbar und kann nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.[211] Der Eintritt der Volljährigkeit ist dabei als "wichtiger Grund" für eine außerordentliche Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses anzusehen.[212]

 

Rz. 154

Neben dem Gesellschafter einer GbR gilt das Sonderkündigungsrecht über § 105 Abs. 3 HGB auch für den persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG oder KG.[213] Umstritten ist jedoch, ob es auch für den Kommanditisten anwendbar ist. Hier würde entsprechend dem § 105 Abs. 3 HGB der § 161 Abs. 2 HGB gelten. Nach dem Normzweck des § 723 BGB wird aber überwiegend davon ausgegangen, dass das Sonderkündigungsrecht grds. nur einem persönlich haftenden Gesellschafter zusteht, einem Kommanditisten allenfalls dann, wenn seine Kommanditeinlage nicht vollständig erbracht ist.[214] Auch für den volljährig gewordenen GmbH-Gesellschafter gilt dieses außerordentliche Kündigungsrecht nicht.[215]

 

Rz. 155

Eine zweite Haftungsbeschränkung ergibt sich zudem aus § 1629a BGB. Gem. § 1629a Abs. 1 S. 1 BGB kann die Haftung des Minderjährigen auf den Bestand seines bei Eintritt in die Volljährigkeit vorhandenen Vermögens beschränkt werden. Durch die außerordentliche Kündigung des § 723 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB binnen drei Monaten nach Eintritt der Volljährigkeit kann der dann Volljährige gleichzeitig die Anwendung der ansonsten geltenden Vermutungsregelung des § 1629a Abs. 4 BGB verhindern.[216]

 

Rz. 156

Mit Erreichen der Volljährigkeit endet die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters, sodass der Volljährige in der Gesellschaft sämtliche Rechte selbst wahrnehmen kann. Er kann damit zweifelsfrei selbst an der Gesellschafterversammlung teilnehmen und sein Stimmrecht ausüben. Er ist zudem gem. § 52 Abs. 1 ZPO prozessfähig und kann Nichtigkeits-, Anfechtungs- oder Beschlussfeststellungsklagen auch für diejenigen Beschlüsse erheben, welche in der Zeit seiner Minderjährigkeit ggf. fehlerhaft gefasst wurden. Er ist jedoch auch berechtigt, fehlerhafte Beschlüsse oder Stimmabgaben nachträglich zu genehmigen, sodass diese endgültig wirksam werden.[217]

[211] Glöckner, ZEV 2001, 47, 48 f.; Palandt/Sprau, § 723 Rn 7.
[212] Reimann, DNotZ 1999, 179, 181; MüKo/Schäfer, § 723 Rn 41.
[213] Reimann, DNotZ 1999, 179, 181, 206; MHdB GesR II/Schulte/Hushahn, § 36 Rn 26.
[214] Grunewald, ZIP 1999, 597, 599 f.; MüKo/Schäfer, § 723 Rn 41.
[215] Bürger, RNotZ 2006, 156, 178.
[216] Lüdecke, NJOZ 2018, 681, 685.
[217] Bürger, RNotZ 2006, 156, 173 f., 176; MüKo/Huber, § 1629 Rn 45; MüKo/Schubert, § 181 Rn 62.

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