Rz. 52

Minderjährige können bereits bei der Gesellschaftsgründung oder auch erst in einem zweiten Schritt nach Gründung an der Gesellschaft beteiligt werden. Zudem können Minderjährige eine Gesellschafterstellung als Erbe oder Vermächtnisnehmer erhalten.

I. Gesellschaftsgründung unter Beteiligung Minderjähriger

1. Personengesellschaften

 

Rz. 53

Für die Gesellschaftsgründung unter der Beteiligung Minderjähriger kommen in der Praxis regelmäßig KGs und GmbH & Co. KGs in Betracht. GbRs und OHGs kommen aufgrund der unbeschränkten persönlichen Haftung für die Beteiligung Minderjähriger nicht in Frage.

a) Gesetzliche Vertretung

 

Rz. 54

Mit der Beteiligung an der Gesellschaft und dem Abschluss eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages im Rahmen der Gründung ist für den Minderjährigen "ein Bündel von Rechten und Pflichten" verbunden.[68] Auch die schenkweise Erbringung der geschuldeten Einlage eines Kommanditisten durch einen Dritten für den Minderjährigen ändert hieran nichts, da der Minderjährige im Außenverhältnis zur Einlageleistung verpflichtet bleibt.[69]

 

Rz. 55

Die Gründung einer Personengesellschaft ist daher für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.[70] Gem. § 1909 BGB ist für den Minderjährigen ein Ergänzungspfleger zu bestellen, da die Eltern oder der Vormund nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795, 181 BGB von der Vertretung ausgeschlossen sind, wenn sie selbst Gesellschafter werden sollen (vgl. Rdn 7 ff.).

 

Rz. 56

Bei mehreren zu beteiligenden Minderjährigen ist zudem für jedes Kind ein eigener Ergänzungspfleger gem. § 1909 BGB zu bestellen, da durch die Gründung der Gesellschaft auch zwischen den Minderjährigen gesellschaftsvertragliche Rechtbeziehungen begründet werden, sodass ein Ergänzungspfleger gem. § 181 BGB i.V.m. §§ 1915 Abs. 1, 1795 Abs. 2 BGB an der gemeinschaftlichen Vertretung gehindert ist.[71]

[68] Ivo, ZEV 2005, 193, 194; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.1.1999 – 3 W 253/98, NJW-RR 1999, 1174, 1175; Pauli, ZErb 2016, 131, 132; Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 105 Rn 26.
[69] Wachter/Ivo, Praxis des Handels- & Gesellschaftsrechts, § 19 Rn 7, 19; Pauli, ZErb 2016, 131, 132; Baumbach/Hopt/Roth, § 105 Rn 26.
[70] Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Kögel, § 40 Rn 208.
[71] Wachter/Ivo, Praxis des Handels- & Gesellschaftsrechts, § 19 Rn 9; Krafka, Registerrecht Rn 701; Lüdecke, NJOZ 2018, 681, 682; MüKo/Schwab, § 1909 Rn 42.

b) Familiengerichtliche Genehmigung

 

Rz. 57

Ob ferner eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist, bestimmt sich nach§ 1822 Nr. 3 und Nr. 10 BGB (vgl. Rdn 28).

aa) Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Erwerbsgeschäftes, § 1822 Nr. 3 BGB

 

Rz. 58

Gem. § 1822 Nr. 3 BGB bedarf der Vormund (auch Eltern oder Ergänzungspfleger) zu einem Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäftes gerichtet ist sowie zu einem Gesellschaftsvertrag, welcher zum Betrieb eines Erwerbsgeschäftes eingegangen wird, der familiengerichtlichen Genehmigung.

Erwerbsgeschäft ist dabei jede berufsmäßig ausgeübte, auf selbstständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, gleichgültig ob es sich um Handel, Fabrikation, Handwerk, Landwirtschaft, wissenschaftliche, künstlerische oder sonstige Tätigkeit handelt.[72] In welcher Rechtsform das Erwerbsgeschäft betrieben wird, ist hierbei unerheblich.[73]

 

Rz. 59

Nicht unter die Definition des Erwerbsgeschäftes fällt hingegen die reine Vermögensverwaltung.[74] Eine reine Vermögensverwaltung liegt insbesondere vor, wenn alleiniger Gesellschaftszweck die Verwaltung und Erhaltung des eigenen Familienvermögens ist.[75] Auch die rein steuerliche Qualifizierung der Gesellschaft als gewerblich geprägte Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ändert nichts an der reinen Vermögensverwaltung, da keine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. In der Praxis sollte hier aber der Gesellschaftsvertrag stets ausdrücklich vorsehen, dass nur eigenes Vermögen verwaltet werden darf.

Eine Holding-Gesellschaft, die als Blocker-Gesellschaft GmbH-Beteiligungen nutzt und die Erträge anlegen soll, kann hingegen unter den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes fallen.[76]

 

Rz. 60

Für die Abgrenzung zwischen Erwerbsgeschäft und Vermögensverwaltung wird beispielsweise die Dauer der Gesellschaft, der Umfang und Wert des zu verwaltenden Vermögens oder auch die Absicht in Zukunft weitere Vermögenswerte hinzuzuerwerben und zu verwalten, genauer untersucht.[77] In den letzten Jahren hat die Rechtsprechung die Definition der reinen Vermögensverwaltung verschärft und eine Genehmigungsbedürftigkeit beispielsweise auch für Gesellschaften angenommen, deren Zweck die Verwaltung, Vermietung und Verwertung gewerblich genutzter Immobilien ist, wenn diese einen erheblichen Wert haben.[78]

 

Rz. 61

Der Erwerb oder die Veräußerung setzen eine Entgeltlichkeit voraus, sodass die schenkweise Übertragung grds. nicht genehmigungsbedürftig ist.[79] Für den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, welcher auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes gerichtet ist, ist die Frage der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit hingegen unerheblich.[80] Auch der Beitritt in eine bestehende Gesellschaft wird jedoch häufig unter diese Vorschrift subsumiert ...

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