Rz. 56

Bei der Beweiskraft von Urkunden unterscheidet die ZPO zwischen den öffentlichen (§ 415 ZPO) und privaten Urkunden (416 ZPO).

 

Rz. 57

 

§ 415 ZPO Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

 

Rz. 58

Beispiele für öffentliche Urkunden:

Notarielle Urkunden,
Handelsregisterauszüge,
Grundbuchauszug,
Öffentliches Testament.
 

Rz. 59

 

§ 416 ZPO Beweiskraft von Privaturkunden

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

 

Rz. 60

Beispiele für private Urkunden:

Kaufvertrag,
Darlehensvertrag,
Mietvertrag,
Wechsel,
Scheck,
Eigenhändiges Testament.
 

Rz. 61

 

Beispiel:

Vermieter V und Mieter M haben am 25.8.2017 einen unbefristeten, schriftlichen Mietvertrag über Wohnräume abgeschlossen. Mietbeginn ist der 1.9.2017. In dem Mietvertrag hat sich der Mieter M u.a. verpflichtet, die Miete i.H.v. 650,00 EUR im Voraus, spätestens zum 3. Werktag eines jeden Monats, porto- und spesenfrei auf das Konto des Vermieters V zu überweisen.

Für die Monate November und Dezember 2017 hat der Mieter M den Mietzins nicht bezahlt, sodass der Vermieter V nach fruchtlosen Zahlungsaufforderungen deshalb gerichtliche Schritte einleiten möchte. Dem Vermieter V liegt eine Mängelanzeige des Mieters M vor, wonach dieser wegen Ungezieferbefall in der Wohnung die Miete für die die Monate November und Dezember 2017 um 100 % gemindert hat.

Der Vermieter V könnte (wahlweise) seinen Anspruch wie folgt geltend machen:

mit Klage im ordentlichen Verfahren (§ 253 ZPO)

oder

mit Klage im Urkundenprozess (§ 592 ZPO)

oder

im Mahnverfahren (§ 688 ZPO)

oder

im Urkundenmahnverfahren (§ 703a ZPO).

Da im vorliegenden Fall damit zu rechnen ist, dass der Mieter M, sofern der Vermieter V das Urkundenmahnverfahren (§ 703a ZPO) einleitet, Widerspruch (§ 694 ZPO) gegen Mahnbescheid bzw. Einspruch (§ 700 ZPO) gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen wird, ist zu empfehlen, die Klage im Urkundenprozess (§ 592 ZPO) einzureichen.

 

Rz. 62

Sofern das Urkundenmahnverfahren eingeleitet werden soll, ist der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids als solcher zu bezeichnen (Mahnverfahren im Urkundenprozess). Die Wirkung der Bezeichnung des Urkundenmahnverfahrens ist, sofern die Voraussetzungen vorliegen, dass bei dem Übergang in das streitige Verfahren der Rechtsstreit als Urkundenprozess anhängig wird.

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