Rz. 11

In die Gefahr, unbewusst durch schlüssiges Verhalten eine vertragliche Auskunftshaftung zu übernehmen, gerät ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer v.a. dann, wenn er in Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten mit Dritten – insb. mit einem Gegner des Mandanten – Verbindung aufnimmt.[26]

[26] Rechtsanwalt: BGH, WM 1978, 546; BGH, NJW 1991, 32, jeweils zu einer Bonitätsauskunft; BGH, NJW 2004, 3630 (Auskunft über Risiken einer Kaution); Steuerberater: BGH, WM 1992, 1031, 1035 = NJW 1992, 2080, 2083 (Bonitätsauskunft); BGH, WM 1995, 941, 943 (Anerkennung einer Umsatzsteueroption); BGH, WM 1998, 142 (Auskunft über Vorsteuererstattung bzgl. eines Bauvorhabens); BGH, NJW-RR 2003, 1035 (Aufklärung über künftige steuerliche Verluste bei Anlageberatung); Wirtschaftsprüfer: BGH, WM 1986, 711, 712 = NJW-RR 1986, 1307 (Bonitätsauskunft).

1. Rechtsanwalt

 

Rz. 12

Ein Auskunftsvertrag wurde verneint in einem Fall, in dem ein Rechtsanwalt ggü. einem Gläubiger seines Mandanten leichtfertig dessen Bonität zugesichert hatte.[27] Der Rechtsanwalt hatte erklärt, der Mandant sei glaub- und kreditwürdig, zahlungsfähig und zahlungsbereit; der Gläubiger hatte im Vertrauen auf diese Erklärung von Sicherungsmaßnahmen abgesehen. In dieser Entscheidung hat der BGH ausgeführt, ein Rechtsanwalt könne ausnahmsweise mit Zustimmung seines Mandanten Auskunftsperson ggü. dessen Gegner werden, wenn die Umstände deutlich für einen Verpflichtungswillen des Anwalts sprächen; dies komme insb. dann in Betracht, wenn er von dem Mandanten zu einer Unterredung wegen dessen Kreditwürdigkeit hinzugezogen werde. Im entschiedenen Falle ergebe die erforderliche Gesamtwürdigung der Umstände aber keinen anwaltlichen Verpflichtungswillen zum stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrages. Für den Gläubiger sei v.a. mit Rücksicht auf die allgemein gehaltenen Äußerungen des Rechtsanwalts klar gewesen, dass dieser sich in erster Linie vor seinen Mandanten gestellt und ihn in der Abwehr der angedrohten Maßnahmen unterstützt habe.

 

Rz. 13

Ein stillschweigender Abschluss eines Auskunftsvertrages zwischen einem Rechtsanwalt und einem Vertragsgegner des Mandanten wurde in folgendem Fall nicht angenommen:[28] Der Rechtsanwalt, der als Treuhänder einen Kaufvertrag abzuwickeln hatte, hatte mit Erklärungen über den Warenwert und die Erfolgsaussicht der – später gescheiterten – Vertragsdurchführung einen Dritten bewogen, dem Mandanten einen Kredit zu gewähren, der aus dem Kaufpreis zurückgezahlt werden sollte. Nach Ansicht des BGH hat sich der Rechtsanwalt nicht i.S.e. Auskunftsvertrages ggü. dem Kreditgeber verpflichtet. Dieser habe nach geschäftsgefährdenden Umständen nicht ausdrücklich gefragt und deswegen keine entsprechende Auskunft erwarten dürfen; außerdem hätte sich ihm wegen des spekulativen Charakters des Geschäfts aufdrängen müssen, dass die beabsichtigte Darlehensgewährung hohe Risiken berge.

 

Rz. 14

Dagegen haftet ein Rechtsanwalt (Strafverteidiger) einem Dritten, der eine Barkaution stellt, um einen Haftbefehl gegen den Mandanten außer Vollzug setzen zu lassen, aus Auskunftsvertrag, wenn der Rechtsanwalt die Frage des Geldgebers nach den Risiken der Kaution unvollständig beantwortet.[29]

 

Rz. 15

Ein Auskunftsvertrag kommt in Betracht, wenn ein Rechtsberater – z.B. im Zusammenhang mit einem internationalen Unternehmenskauf – eine Rechtsberatung übernimmt, die einen potenziellen ausländischen Geschäftspartner des Mandanten durch Abgabe einer Third Party Legal Opinion[30] und/oder gemäß "legal due diligence" – über einzelne Rechtsfragen des geplanten Geschäfts unterrichten soll; dies setzt allerdings eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Rechtsberater und dem Dritten voraus (vgl. § 9 Rdn 6, § 10 Rdn 30).

[27] BGH, WM 1978, 576.
[28] BGH, NJW 1991, 32; vgl. auch BGH, 21.9.2017 – IX ZR 12/17, BeckRS 2017, 131188, Tz. 3; D. Fischer, WM 2019, Sonderbeilage Nr. 1, S. 38.
[30] Vgl. hierzu Ganter, NJW 2014, 1771; D. Fischer, VersR 2015, 521, 531.

2. Steuerberater

 

Rz. 16

Ein Steuerberater haftete einem Dritten, der sich an dem von diesem Berater betreuten Unternehmen beteiligte, nicht aus einem Auskunftsvertrag für eine unzutreffende Bonitätsauskunft bzgl. seiner Mandantin; ein solcher Vertrag wurde verneint, weil allein die Einschaltung eines sachkundigen Beraters bei Vertragsverhandlungen nicht dessen persönliche Haftung für Erklärungen begründe, die vorrangig dem vertretenen Auftraggeber zuzurechnen seien, insb. wenn auch der Dritte sachkundigen Beistand habe.[31]

 

Rz. 17

Dagegen haftete eine Steuerberatungsgesellschaft, die eine unvollständige Auskunft über die voraussichtliche Anerkennung einer Umsatzsteueroption im Rahmen eines Erwerbermodells abgegeben hatte, aus einem stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag, weil die Gesellschaft Treuhänderin der Erwerber habe werden wollen und deswegen ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an der Verwertung des Objekts gehabt habe.[32]

 

Rz. 18

Ein Steuerberater haftete seinem Auftraggeber weg...

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