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In einem frühen Stadium der anwaltlichen Beratung geht es auch noch darum, die Taktik des weiteren Vorgehens abzuklären. Folglich macht es Sinn, sich über die unterschiedlichen Auswirkungen einer Berücksichtigung einer Einmalzahlung entweder beim Unterhalt oder beim Zugewinn Gedanken zu machen und dies in die Beratungsüberlegungen einzubeziehen. Denn die Art und Weise der Anrechnung hat sehr unterschiedliche Auswirkungen und beinhaltet zudem auch unterschiedliche Risiken:

Anrechnungsquote

Die Anrechnung im Zugewinn erfolgt zu 50 %.
Beim Unterhalt greift i.d.R. eine abweichende Quote (z.B. ab 2022 45 % und 55 %).

Erwerbstätigenbonus

Ein Abzug im Zugewinn scheidet aus.
Im Unterhalt kann ein Erwerbstätigenbonus als Abzug in Frage kommen. Entscheidend ist dabei die Art der Einmalzahlung. Handelt es sich um eine Abfindung für den Verlust der Arbeitsstelle, erkennt der BGH keinen Erwerbstätigenbonus an.[32] Liegt dagegen z.B. eine Leistungsprämie oder eine Tantieme vor, die aufgrund der Erwerbstätigkeit gezahlt worden ist, kann eine andere Betrachtungsweise geboten sein.

Steuerliche Absetzbarkeit

Eine Abzugsfähigkeit für Zugewinnausgleichszahlungen besteht nicht.
Zahlungen auf Unterhalt können innerhalb der steuerlichen Höchstgrenzen steuerlich abgesetzt werden, entweder im Rahmen des begrenzten steuerlichen Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG.
Für die steuerliche Absetzbarkeit kann daher ausschlaggebend sein, wie ggf. eine Ausgleichszahlung deklariert wird.

Fehlschlagen des Ausgleichs

Die Anrechnung im Zugewinn kann praktisch fehlschlagen, wenn zum Stichtag kein ausreichendes Vermögen vorhanden ist, da der Zugewinn nie unter Null sinken kann.
Die Anrechnung im Unterhalt kann ganz oder teilweise scheitert, wenn kein Unterhaltsanspruch besteht, dieser verwirkt ist (§ 1579 BGB) oder wegen Befristung gem. § 1578b Abs. 2 BGB nur für eine begrenzte Zeit besteht.

Längerfristige Risiken

Die Zugewinnausgleichsforderung verjährt bereits in 3 Jahren (§ 1378 Abs. 4 BGB).
Im Zugewinn wird der Ausgleichsbetrag unabhängig von späteren Entwicklungen geschuldet. Eine Rückforderung scheidet aus.
Die – auf einen längeren Zeitraum angelegte – Anrechnung auf laufenden Unterhalt birgt für den Anspruchsberechtigten längerfristige Risiken, wenn der Unterhaltsanspruch später wegfällt, bevor die Einmalzahlung rechnerisch verbraucht ist (z.B. wegen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, erhöhtem Eigeneinkommen, Begründung einer neuen Partnerschaft oder erneuter Heirat des Berechtigten).

Höhe der insgesamt zu tragenden Belastung

Der Zugewinnausgleich ist ein – ein sofort geschuldeter – Fixbetrag.
Beim Unterhalt handelt es sich um eine monatlich zu erbringende Dauerleistung, sodass – jedenfalls, wenn der Unterhaltsanspruch nicht befristet wird – die Höhe der insgesamt zu tragenden Belastung nur geschätzt werden kann.
In Verfahren, in denen Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, kann nach unterschiedlichen Maßstäben auf den gezahlten Betrag zugegriffen werden (§ 120a Abs. 3 ZPO).
[32] BGH NJW 2007, 2249 m. Anm. Born = BGH FamRZ 2007, 983 m. Anm. Schürmann.

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