Rz. 52
Bereits auf den ersten Blick wirft das Stichwort unternehmensverbundener Stiftungen Fragen bzgl. der Begrifflichkeit, ihres Typus und ihrer maßgeblichen praktischen Relevanz auf. Als ein besonderer Anwendungstypus der Stiftung im Sinne des BGB ist allen unternehmensverbundenen Stiftungen gemein, dass sie durch eine besondere Zwecksetzung, Vermögensausstattung und mitunter Organisationsform geprägt werden. Für Stiftungen, die im Vermögen ein Unternehmen oder eine Beteiligung an einem Unternehmen halten, werden jedoch unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Mitunter werden sie Stiftungsunternehmen, Unternehmensträgerstiftungen, gewerbliche oder beispielsweise unternehmensbezogene Stiftungen genannt.[115]
Rz. 53
Besonders bekannte Beispiele für unternehmensverbundene Stiftungen, die Anteile an Unternehmen halten, sind die Bertelsmann Stiftung oder jene Stiftungen, die ein Unternehmen selbst betreiben, wie die frühere Carl-Zeiss-Stiftung[116] in Jena. Bemerkenswerterweise treten hier noch prominentere unternehmensverbundene Stiftungen hinzu, die fast jedem Bürger vertraut sein dürften, wie das Firmenimperium des Dieter Schwarz, oder besser bekannt durch seine Discountgeschäfte Lidl und Kaufland; als weitere bekannte Beispiele sind Aldi, Würth und die Metro-Handelsgruppe anzuführen.[117]
Rz. 54
Es gibt zwei Arten von unternehmensverbundenen Stiftungen. Die unternehmensverbundene Stiftung kann zum einen eine (unmittelbare) Unternehmensträgerstiftung sein, zum anderen eine Beteiligungsträgerstiftung.[118] Die Unternehmensträgerstiftung umfasst eine Stiftung, die unter ihrer Rechtsform selbst ein Unternehmen führt. Hierzu steht im Gegensatz die Beteiligungsträgerstiftung, welche Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften hält.[119] Aufgrund der Tatsache, dass hier die Gestaltungsmöglichkeiten[120] flexibler sind und das Gesellschaftsrecht in der Art einer Beteiligung an einer anderen Rechtsform eine große Brandbreite aufweist,[121] findet die Beteiligungsträgerstiftung in der Praxis höheren Anklang.[122]
Rz. 55
Nach der Funktion, welche das Unternehmen im Verhältnis zum Stiftungszweck ausfüllt, lassen sich demnach zwei Grundtatbestände unterscheiden, in welcher Form eine Stiftung mit einem Unternehmen in Verbindung stehen kann.[123] Es kann sich um einen Zweckverwirklichungsbetrieb handeln, welcher dann besteht, wenn das Unternehmen durch seine unternehmerische Tätigkeit selbst den Stiftungszweck verwirklicht. Das Unternehmen steht also in einer so engen sachlichen Beziehung zum Stiftungszweck, dass sich dieser ohne das individuelle Unternehmen nicht erreichen lässt und der Stiftungszweck damit auch über die Führung des Unternehmens entscheidet. Häufig genanntes Beispiel ist das einer Stiftung gewidmete Krankenhaus, das mit eigenen sachlichen Mitteln den Stiftungszweck der Krankenpflege erfüllt.[124] Zudem kann das Unternehmen auch als Dotationsquelle dienen, indem es nur zur Erzielung von Gewinnen eingesetzt wird, die die Stiftung zur Erfüllung ihres vom konkreten Unternehmen unabhängigen Zweckes benötigt.[125]
Rz. 56
Gegen die Zulässigkeit unternehmensverbundener Stiftungen sind in der Vergangenheit von Teilen der Literatur Einwände erhoben worden, die hier nur kurz skizziert werden sollen.[126] Diese Einwände beruhten auf der Besorgnis, dass bei der Symbiose von einem Unternehmen und einer Stiftung ein Spannungsfeld entstehe, das neben einer positiven Ergänzung vor allem Barrieren schaffen könne.[127] Es wird die aus der Bindung des Vermögens folgende Refeudalisierung wirtschaftlicher Verhältnisse bemängelt.[128] Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Stiftungsrechtes vom 15.7.2002[129] und der Thematisierung der unternehmensverbundenen Stiftung durch den Modernisierungsgesetzgeber[130] sind die Zulässigkeitseinwände weitestgehend verstummt.[131]
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