Rz. 90

Auch wenn sich die Stiftung als Rechtsform nicht dazu eignet, ein Unternehmen unmittelbar als "Stiftungsunternehmen" fortzuführen, kann man sie doch recht unproblematisch als Beteiligungsträger einsetzen. Überträgt man ihr Unternehmensanteile, ändert sich lediglich die Inhaberschaft des Unternehmens, ohne dass hiervon das Unternehmen selbst tangiert wird. Im Gegensatz zur Unternehmensträgerstiftung ist die Beteiligungsträgerstiftung auch in der Praxis von Bedeutung, wenngleich auch hier aktuelle Zahlen zur Anzahl der derzeit existierenden Beteiligungsträgerstiftungen nicht vorliegen. Ältere Schätzungen gehen aber von wenigstens 300 Beteiligungsträgerstiftungen aus.[165] Da die Stiftung "sich selbst gehört", über ihr also keine Anteilseigner o.Ä. stehen, kann die Übertragung der Anteile eines Familienunternehmens auf eine Stiftung ein attraktives Gestaltungsmittel zur Absicherung der Unternehmensnachfolge und des Fortbestands des Unternehmens darstellen.

[165] Muscheler, ErbR 2008, 134, 136; siehe auch Berndt, Stiftung und Unternehmen, 7. Aufl., S. 579; Spiegelberger, ErbStB 2005, 43–47.

aa) Erhaltung des Unternehmens

 

Rz. 91

Die Übertragung von Unternehmensanteilen eines Familienunternehmens auf eine Stiftung bietet dem Unternehmensinhaber den wohl größtmöglichen Schutz vor einer ungewollten Zerschlagung, Veräußerung oder sonstigen Änderung des Unternehmens: Durch die (Allein-)Gesellschafterstellung der Stiftung muss bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen stets der in der Stiftungssatzung manifestierte Stifterwille berücksichtigt werden. Somit wird über die Anteilsinhaberschaft der Stiftung das Unternehmen vor ungewollten Änderungen geschützt, da der Gesellschaftsvertrag des jeweiligen Unternehmens nicht mehr geändert werden kann, wenn diese Änderung im Widerspruch zum Stifterwillen steht.

 

Rz. 92

Zu beachten ist allerdings, dass sich die Ausrichtung auf den in der Stiftungssatzung festgelegten Stifterwillen auch nachteilig auswirken kann, wenn etwaige Unternehmensanpassungen oder Umstrukturierungen nicht mehr mit der erforderlichen Schnelligkeit und Flexibilität erfolgen können.[166] Da Stiftungen der Stiftungsaufsicht unterstehen, können Umstrukturierungen an dem von der Stiftung gehaltenen Unternehmen als Maßnahmen der Vermögensumstrukturierung unter Umständen von der Zustimmung der Stiftungsbehörde abhängen, die wiederum nicht mit der gewünschten oder erforderlichen Schnelligkeit erteilt wird.[167] In der Gestaltungspraxis kann solchen Störfaktoren aber mit einer entsprechende Satzungsgestaltung begegnet werden, indem man in der Satzung ausdrücklich regelt, dass eine Umwandlung des Beteiligungsunternehmens oder Änderungen an der Gesellschaftsorganisation zulässig sind, wenn dies die Marktsituation aufgrund geänderter Verhältnisse oder zur Kapitalbeschaffung erforderlich macht.

 

Rz. 93

Muster 10.4: Umschichtungsbefugnis

 

Muster 10.4: Umschichtungsbefugnis

§ _____ – Stiftungsvermögen

Das Vermögen der Stiftung besteht zum Zeitpunkt ihrer Errichtung aus

a) dem Geschäftsanteil an der xy-GmbH (Beteiligungsgesellschaft),
b) _________________________.

Umschichtungen des Stiftungsvermögens sind grundsätzlich zulässig. Der Vorstand ist insbesondere ermächtigt, die Beteiligungsgesellschaft in eine andere Rechtsform umzuwandeln oder in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft einzubringen.

Eine Veräußerung des Geschäftsanteils an der xy-GmbH oder des im Fall einer Umwandlung der Beteiligungsgesellschaft an seine Stelle tretenden Gesellschaftsanteils an den übernehmenden bzw. an den neu entstandenen Rechtsträger (Surrogat) ist ausgeschlossen.

Eine Umwandlung oder Einbringung der Beteiligungsgesellschaft ist nur insoweit zulässig, als die Stiftung auch nach der Umwandlung oder Einbringung Mehrheitsgesellschafterin bleibt.

 

Rz. 94

Für die Beteiligungsträgerstiftung bestehen bei einer entsprechenden Satzungsgestaltung auch nicht die bei der Unternehmensträgerstiftung aufgezeigten Hürden bei der Beschaffung von Kapital für das von ihr gehaltene Unternehmen, da sie ohne weiteres neue Gesellschafter aufnehmen oder eine Kapitalerhöhung beschließen kann. Bei börsennotierten Unternehmen kann sie als Mehrheitsaktionärin zudem Schutz vor einer feindlichen Übernahme bieten.[168]

[166] Ihle, RNotZ 2009, 557, 568.
[167] Zu dieser Problematik siehe auch Ihle, RNotZ 2009, 557, 568.
[168] Ihle, RNotZ 2009, 557, 568.

bb) Schutz vor Liquiditätsabfluss

 

Rz. 95

Durch die Übertragung von Unternehmensanteilen auf eine Stiftung kann das Unternehmen weiterhin vor ungewollten Mittelabflüssen geschützt werden, die regelmäßig drohen, wenn Ehegatten oder Abkömmlinge güter- oder erbrechtliche Ausgleichsansprüche realisieren wollen. Durch die Anteilsübertragung kann der Stifter sein Unternehmen endgültig aus seiner eigenen Vermögenssphäre ausgliedern. Kommt es nach der Unternehmensübertragung zu einer Beendigung des Güterstands oder verstirbt der Stifter, so bleibt der Unternehmenswert bei der Berechnung von Zugewinnausgleich- oder Pflichtteilsergänzungsansprüchen unberücksichtigt, wenn zwischen der unentgeltlichen ...

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