Rz. 86

Wenn ein Unternehmen in eine Stiftung überführt werden soll, bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an, wie das Unternehmen übertragen wird:

a) Übertragung im Wege eines "asset deals", mit der Folge, dass das Unternehmen unter der Rechtsform der Stiftung als "Stiftungsunternehmen" fortgeführt wird, oder
b) die Übertragung im Wege eines "share deals", mit der Folge, dass die Stiftung Anteilseignerin wird, das Unternehmen aber in seiner ursprünglichen Rechtsform fortgeführt wird.

a) Stiftung als Unternehmensträger

 

Rz. 87

Die rechtsfähige Stiftung hat sich in der Praxis nicht als Rechtsform für das Betreiben von Unternehmen durchgesetzt.[158] Als bekanntestes Beispiel eines Unternehmens, das zunächst in der Rechtsform der Stiftung betrieben wurde, wird regelmäßig die im Jahre 1889 von dem bekannten Physiker Ernst Abbe errichtete Carl-Zeiss-Stiftung in Jena genannt.[159] Seit 1891 war die Carl-Zeiss-Stiftung Alleininhaberin der Firma Carl Zeiss und seit 1919 der Firma Jenaer Glaswerk Schott & Gen. Bis zu einer Stiftungsreform im Jahre 2004 waren die beiden Stiftungsunternehmen Carl Zeiss und Schott rechtlich unselbstständige Teile der Stiftung. Im Zuge einer Stiftungsreform im Jahre 2004 wurden die Stiftungsunternehmen aus der Stiftung ausgegliedert und in die Rechtsform von Aktiengesellschaften überführt. Mit dieser Umstrukturierung war auch die Zeit der Carl-Zeiss-Stiftung als originäre Unternehmensträgerstiftung vorüber. Als alleinige Aktionärin der SCHOTT AG und der Carl Zeiss AG ist sie heute eine reine Beteiligungsträgerstiftung, deren Vermögen aus den Unternehmensanteilen der genannten Aktiengesellschaften besteht.[160]

 

Rz. 88

Die rechtstatsächliche Bedeutung der Unternehmensträger-Stiftung wird man als eher gering einstufen können: Genaue Zahlen dazu, wie viele Unternehmen derzeit unter der Rechtsform Stiftung betrieben werden, sind nicht zu finden.[161] Angesichts der starren Ausgestaltung der Rechtsform, die insbesondere Änderungen der Organisation und des Zwecks nur schwer zugänglich ist, wird man der Stiftung letztlich die im unternehmerischen Bereich erforderliche Flexibilität absprechen müssen, um ein Unternehmen dauerhaft erfolgreich betreiben zu können.[162] Ein weiterer Nachteil von Unternehmensträgerstiftungen ist ihre eingeschränkte Möglichkeit, Eigenkapital zu beschaffen. Da die Stiftung keine Mitglieder bzw. Gesellschafter hat, kann sie – im Gegensatz zu Personen- und Kapitalgesellschaften – auch kein neues Eigenkapital von etwaigen Gesellschaftern beschaffen.[163] Der Weg über den öffentliche Kapitalmarkt und der Gang an die Börse ist ihr ebenfalls versperrt. Eine Stiftung ist daher zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis stets auf Zuwendungen von außen (bei Familienstiftungen also regelmäßig auf Zuwendungen des Stifters) oder die Bildung von Rücklagen angewiesen. Die Selbstfinanzierung durch Rücklagenbildung ist allerdings auch nur in begrenzten Umfang möglich, da auch für privatnützige Stiftungen das im Stiftungsrecht geltende Admassierungsverbot gilt.[164]

 

Rz. 89

All dies verdeutlicht, dass die Rechtsform Stiftung als Rechtsträger eines Unternehmens eher ungeeignet ist und sich folglich auch für die Übertragung eines Familienunternehmens auf eine Stiftung im Wege eines "asset deals" zur Absicherung der Unternehmensnachfolge kaum Anwendungsgebiete finden lassen.

[158] Ihle, RNotZ 2009, 557, 563.
[159] Siehe etwa Ihle, RNotZ 2009, 557, 563.
[160] Zur Umstrukturierung der Carl-Zeiss-Stiftung Plumpe, Eine Vision, Zwei Unternehmen – 125 Jahre Carl-Zeiss-Stiftung, S. 331 ff.
[161] Muscheler, ErbR 2008, 134, 136 stellt die Zahl von etwa 20 Unternehmensträgerstiftungen in den Raum. Siehe auch Soergel/Neuhoff, vor § 80 Rn 72.
[162] Vgl. Ihle, RNotZ 2009, 557, 565 mit Verweis auf Stock, NZG 2001, 440, 447.
[163] Ihle, RNotZ 2009, 557, 568.
[164] Ihle, RNotZ 2009, 557, 568 mit Verweis auf v. Campenhausen/Richter/Hof, Stiftungsrechtshandbuch, 3. Aufl., § 9 Rn 137 ff.

b) Stiftung als Beteiligungsträger

 

Rz. 90

Auch wenn sich die Stiftung als Rechtsform nicht dazu eignet, ein Unternehmen unmittelbar als "Stiftungsunternehmen" fortzuführen, kann man sie doch recht unproblematisch als Beteiligungsträger einsetzen. Überträgt man ihr Unternehmensanteile, ändert sich lediglich die Inhaberschaft des Unternehmens, ohne dass hiervon das Unternehmen selbst tangiert wird. Im Gegensatz zur Unternehmensträgerstiftung ist die Beteiligungsträgerstiftung auch in der Praxis von Bedeutung, wenngleich auch hier aktuelle Zahlen zur Anzahl der derzeit existierenden Beteiligungsträgerstiftungen nicht vorliegen. Ältere Schätzungen gehen aber von wenigstens 300 Beteiligungsträgerstiftungen aus.[165] Da die Stiftung "sich selbst gehört", über ihr also keine Anteilseigner o.Ä. stehen, kann die Übertragung der Anteile eines Familienunternehmens auf eine Stiftung ein attraktives Gestaltungsmittel zur Absicherung der Unternehmensnachfolge und des Fortbestands des Unternehmens darstellen.

[165] Muscheler, ErbR 2008, 134, 136; siehe auch Berndt, Stiftung und Unternehmen, 7. Aufl., S. 579; Spiegelberger,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge