Rz. 99

Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbem. 3 Abs. 2 VV) erhält der Anwalt auch hier zunächst einmal die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die sich grundsätzlich auf 1,3 beläuft.

 

Rz. 100

Hinsichtlich der Ehesache entsteht für den Antragsteller die volle Gebühr mit Einreichung des Scheidungsantrags.

 

Rz. 101

Für den Versorgungsausgleich bedarf es noch nicht einmal eines Antrags, da das Verfahren über den Versorgungsausgleich mit Einreichung des Scheidungsantrags von Amts wegen eröffnet ist (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG).

 

Beispiel 40: Verbundverfahren ohne Termin (I)

Der Anwalt reicht für den Ehemann den Scheidungsantrag ein und weist daraufhin, dass der Versorgungsausgleich durchzuführen ist. Beide Ehegatten haben jeweils ein gesetzliches Anrecht. Der Scheidungsantrag wird später zurückgenommen. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 7.200,00 EUR fest (Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR).

Der Anwalt erhält lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr, allerdings aus dem Gesamtwert von 7.200,00 EUR. Dass der Ehemann zum Versorgungsausgleich keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, ist unerheblich.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 612,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   116,43 EUR
Gesamt   729,23 EUR
 

Rz. 102

Der Gegenstandswert der 1,3-Verfahrensgebühr bemisst sich nach dem Wert der Ehesache sowie sämtlicher im Verlauf des Verfahrens anhängig gemachten Folgesachen (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG).

 

Rz. 103

In Folgesachen, die Amtsverfahren sind, wie z.B. das Verfahren über den Versorgungsausgleich, sind Anträge nicht erforderlich. Werden sie gestellt, handelt es sich der Sache nach um "Anregungen". Dennoch lösen sie die volle Verfahrensgebühr aus, zumal bereits ein Schriftsatz mit Sachvortag ausreicht (arg. e. Nr. 3101 Nr. 1 VV).[109] Spätestens wird die volle Verfahrensgebühr hier durch die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin ausgelöst.

 

Beispiel 41: Verbundverfahren ohne Termin (II)

Der Anwalt reicht für den Ehemann den Scheidungsantrag ein. Beide Ehegatten haben jeweils ein gesetzliches Anrecht. Die Ehefrau stellt später einen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge sowie auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 1.000,00 EUR monatlich. Nachdem der Ehemann beantragt hat, diese Anträge zurückzuweisen, nimmt die Ehefrau den Sorgerechtantrag später wieder zurück. Der Ehemann beantragt daraufhin Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 10.000,00 EUR. Später wird der Scheidungsantrag zurückgenommen. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 30.400,00 EUR fest (Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR, elterliche Sorge 1.200,00 EUR, Unterhalt 12.000,00 EUR; Zugewinn 10.000,00 EUR).

Der Anwalt erhält lediglich eine 1,3-Verfahrensgebühr, allerdings aus dem Gesamtwert von

 
Ehesache 6.000,00 EUR
Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR
Elterliche Sorge 1.200,00 EUR
Unterhalt 12.000,00 EUR
Zugewinn 10.000,00 EUR
Gesamt 30.400,00 EUR

Dass nicht alle Folgesachen zeitgleich anhängig waren, ist unerheblich.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.219,40 EUR
  (Wert: 30.400,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.239,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   235,49 EUR
Gesamt   1.474,89 EUR
 

Rz. 104

Da ein Gegenantrag zur Ehesache nicht erforderlich ist, genügt für den Anwalt des Antragsgegners die Zustimmung zum Scheidungsantrag, um die volle Verfahrensgebühr auszulösen.[110] Ebenso reicht es aus, wenn der Rechtsanwalt des Antragsgegners einen Schriftsatz mit Sachvortrag einreicht.

 

Beispiel 42: Verbundverfahren ohne Termin (I)

Der Ehemann hat die Scheidung beantragt. Die Ehefrau beauftragt einen Anwalt, der sich bestellt und die Zustimmung zur Scheidung erklärt. Der Scheidungsantrag wird später wieder zurückgenommen. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 7.200,00 EUR fest (Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR).

Der Anwalt der Ehefrau erhält ebenfalls die volle eine 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert von 7.200,00 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   592,80 EUR
  (Wert: 7.200,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 612,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   116,43 EUR
Gesamt   729,23 EUR
 

Rz. 105

Möglich ist, dass die Verfahrensgebühr nicht aus dem vollen Wert des Verbundverfahrens, sondern aus einem Teilwert entsteht, etwa wenn die Tätigkeit des Anwalts vorzeitig endet oder der Anwalt nur in einer abgetrennten Folgesache tätig wird. In diesem Fall ist für den Wert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 Abs. 1 RVG ein gesonderter Wert festzusetzen.

 

Beispiel 43: Verbundverfahren, Verfahrensgebühr nur aus Teilwert (I)

Der Anwalt hat für den Ehemann die Scheidung beantragt (Ehesache 9.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR). Danach kündigt der Ehemann das Mandat. Später wird noch die Folgesache Zu...

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