Rz. 182

In Zugewinnausgleichsverfahren kann es sich ergeben, dass der Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich, gegebenenfalls im Wege des Stufenantrags, zunächst als Folgesache statthaft und zulässig ist, er im laufenden Verfahren diese Eigenschaft jedoch verliert. Dieser Fall tritt dann ein, wenn während des Scheidungsverfahrens einem Antrag auf Beendigung der Zugewinngemeinschaft nach § 1386 BGB stattgegeben wird oder die Eheleute die Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag aufheben, ohne zugleich den Ausgleichsanspruch zu regeln. Mit Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren nach § 1386 BGB bzw. mit Abschluss des Ehevertrags ist die Zugewinngemeinschaft dann beendet und damit der Zugewinnausgleich nicht mehr für den Fall der Rechtskraft der Scheidung geschuldet, sondern unabhängig davon.

 

Rz. 183

Auch in diesem Fall darf das Gericht den Antrag auf Zugewinnausgleich nicht als unzulässig abweisen; es hat vielmehr die bisherige Sache Güterrecht nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 145 ZPO zu trennen und als isoliertes Verfahren fortzuführen. Wenn schon im Falle einer von vornherein unstatthaften "Folgesache" zu trennen ist,[126] dann muss dies erst recht gelten, wenn die "Folgesache" erst im Laufe des Verfahrens unstatthaft wird.

 

Beispiel 98: Trennung nach mündlicher Verhandlung bei Wegfall der Eigenschaft als Folgesache

Im Scheidungsverfahren (Ehesache 15.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 6.000,00 EUR) beantragt die Ehefrau die Zahlung von 50.000,00 EUR Zugewinn. Es wird mündlich verhandelt und ein neuer Termin bestimmt. Zwischenzeitlich ergeht auf Antrag der Ehefrau gem. § 1386 BGB in einem gesondert geführten Verfahren der Beschluss, dass die Zugewinngemeinschaft aufgehoben werde. Der Beschluss wird rechtskräftig. Daraufhin trennt das FamG die bisherige Folgesache Zugewinn nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 145 ZPO und führt sie als isolierte Familienstreitsache fort.

Hinsichtlich der Anwaltsvergütung besteht auch hier wiederum ein Wahlrecht wie bei allen Verfahrenstrennungen. Der Anwalt hat also die Wahl, die Gebühren im Verbund abzurechnen oder getrennt, wobei dann im Verbundverfahren der Wert des getrennten Zugewinns nicht berücksichtigt werden darf.

Das führt im Beispiel dazu, dass der Anwalt hinsichtlich der Gebühren, die vor der Trennung entstanden sind (hier also sowohl Verfahrensgebühr als auch Terminsgebühr) ein Wahlrecht hat, also ob er diese Gebühren einmal aus dem Gesamtwert vor der Trennung berechnet oder ob er die Gebühren nach der Trennung gesondert berechnet, dann aber nur aus den Einzelwerten:

 
I. Gemeinsame Abrechnung
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.732,90 EUR
  (Wert: 71.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.599,60 EUR
  (Wert: 71.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.352,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   636,98 EUR
Gesamt   3.989,48 EUR
II. Getrennte Abrechnung    
a) Verbundverfahren ohne Zugewinn    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   964,60 EUR
  (Wert: 21.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   890,40 EUR
  (Wert: 21.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.875,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   356,25 EUR
Gesamt   2.231,25 EUR
b) Isoliertes Verfahren Zugewinn    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.511,90 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.395,60 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.927,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   556,23 EUR
Gesamt   3.483,73 EUR
Gesamt II. a) + b)   5.714,98 EUR

Die getrennte Abrechnung ist günstiger.

 

Rz. 184

Wird vor dem Termin getrennt, dann besteht das Wahlrecht nur hinsichtlich der Verfahrensgebühr.

 

Beispiel 99: Trennung vor mündlicher Verhandlung bei Wegfall der Eigenschaft als Folgesache

Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch trennt das FamG das Verfahren bereits vor mündlicher Verhandlung ab.

Jetzt besteht ein Wahlrecht nur hinsichtlich der Verfahrensgebühr.

 
I. Gemeinsame Abrechnung
a) Verbundverfahren mit Zugewinn    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.732,90 EUR
  (Wert: 71.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   890,40 EUR
  (Wert: 21.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.643,30 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   502,23 EUR
Gesamt   3.145,53 EUR
b) Isoliertes Verfahren Zugewinn    
1. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.395,60 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.415,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   268,96 EUR
Gesamt   1.684,56 EUR
Gesamt a) + b)   4.830,09 EUR
II. Getrennte Abrechnung    
a) Verbundverfahren ohne Zugewinn    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   964,60 EUR
  (Wert: 21.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   890,40 EUR
  (Wert: 21.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.875,00 EUR  
4. 19 % ...

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