Rz. 10

Muster 10.1: Stichentscheid

 

Muster 10.1: Stichentscheid

_________________________ Rechtsschutzversicherungs-AG

_________________________ (Anschrift)

Schaden-Nr.: _________________________

_________________________ (Anrede),

in vorbezeichneter Angelegenheit nehme ich Bezug auf Ihr Schreiben vom _________________________, in dem Sie erneut den Deckungsschutz für den konkreten Fall unter Berufung auf fehlende Erfolgsaussichten ablehnen.

Auch erklären Sie den durchgeführten Stichentscheid für nicht bindend. Hierzu darf ich Ihnen mitteilen, dass es grundsätzlich nicht ausreicht, vonseiten des RSV lediglich Zweifel an der Richtigkeit des Stichentscheids zu äußern. Vielmehr ist es Ihre Aufgabe, darzulegen und zu beweisen, dass die begründete Stellungnahme von der wirklichen Sach- und Rechtslage offenbar erheblich abweicht, was vorliegend nicht der Fall ist (OLG Köln Urt. v. 29.10.2002 – 9 U 124/01 –, zfs 2004, 36).

In meiner begründeten Stellungnahme bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Meine Einschätzung kann auch nicht als offenbar unrichtig bezeichnet werden. Dies wäre nur dann anzunehmen, soweit der Ihnen dargelegte Lebenssachverhalt die Verurteilung des Anspruchsgegners von vornherein nicht rechtfertigen könnte und auch nicht ausreicht, die tatbesthandlichen Voraussetzungen der zugrunde zulegenden Anspruchsnorm zu erfüllen.

Daher führen bloße Zweifel an der Beweisbarkeit des Anspruches noch nicht zu einer offenbaren Unrichtigkeit des Stichentscheides.

Auch sehen die dem Vertragsverhältnis zugrundeliegenden ARB entgegen § 128 S. 2 VVG eine Monatsfrist vor. Hierzu stellen das LG Düsseldorf (Urt. v. 9.3.2017 – 9 0 157/16) und das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 21.9.2017 – I-4 U 87/17) fest, dass das VVG an dieser Stelle keine zeitliche Beschränkung für das Überprüfungsverfahren vorsieht. Nach § 129 VVG kann von § 128 VVG nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden. In der von Ihnen im Ablehnungsschreiben gesetzten Monatsfrist liegt ein nicht unerheblicher Nachteil für den VN. Ob Sie sich letztlich auf die Einhaltung der Monatsfrist berufen, ist für die Beurteilung des Hinweises unerheblich, weil für den VN nicht vorherzusehen ist, ob sich der VR auf die Frist berufen wird oder nicht. Die Hinweispflicht gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt des VN die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt. Insofern ist es Ihnen verwehrt, sich auf fehlende Erfolgsaussichten zu berufen.

Das Landgericht Düsseldorf führt wie folgt aus: "Zudem bestehen für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Händler und die VW-AG hinreichende Aussichten auf Erfolg. Der VR ist aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag zur Gewährung von Rechtsschutz hinsichtlich der für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des VN erforderlichen Leistungen verpflichtet. Leistungen sind erforderlich, wenn sie sich auf eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung beziehen (BGH zfs 2005, 408). Hierbei muss die Interessenwahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Dies bemisst sich nach den zu § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen. Der Standpunkt des VN muss nach den von ihm aufgestellten Behauptungen und den ihm bekannten Einwendungen des Gegners zumindest vertretbar sein. Hat sich noch keine h.M. gebildet, so ist großzügig zu verfahren, sofern es nicht um Fragen geht, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit gar nicht diskutiert werden. Es muss zudem als möglich erscheinen, dass der VN den Beweis der von ihm zu beweisenden Tatsachen mit Hilfe zulässiger und geeigneter Beweismittel zu führen vermag. Eine Beurteilung der Beweischancen durch antizipierte Beweiswürdigung darf jedoch bei der Prüfung der Erfolgsaussichten grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, 29. Aufl. 2015, ARB 2010 § 1 Rn 1 ff.). Es darf nicht nur eine entfernte, sondern es muss eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit des positiven Ausgangs des Rechtsstreits für den VN bestehen. Der Abgasskandal, von dem unzähligen Fahrzeugen betroffen sind, wirft diverse schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rspr. nicht geklärt sind."

Soweit Sie die Auffassung vertreten, dass die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers mutwillig erscheint, hätten Sie dies dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich, d.h. binnen zwei bis drei Wochen, schriftlich mitteilen und auf die Möglichkeit der Herbeiführung des Stichentscheids hinweisen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. "Der bei nicht unverzüglicher Prüfung und schriftlicher Ablehnung eintretende Verlust des Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit hat zur Folge, dass der Versicherer sich die spätere Berufung auf diese Ablehnungsgründe auch dann nicht wirksam vorbehalten kann, wenn er die Leistung aus anderen Gründen ablehnt" urteilte der Bundesgerichtshof, Urt. v. 19.3.2003 – IV ZR 139/01; BGH, Urt. v...

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