A. Einleitung

 

Rz. 1

Das Bauvertragsrecht ist im Wesentlichen Werkvertragsrecht. Der Bauherr schließt Verträge mit Architekten und Ingenieuren sowie mit den einzelnen Bauhandwerkern. Bei größeren Bauvorhaben gibt es neben dieser gewerkebezogenen Vergabe an Einzelunternehmer und Planer noch verschiedene Kombinationen, bei denen bestimmte Pakete von geschuldeten Gewerken an einen Generalunternehmer vergeben werden. Dieser beauftragt dann seinerseits eigene Nachunternehmer, koordiniert deren Leistungen und bündelt sie für den Bauherrn. Häufig werden dem Generalunternehmer dabei auch noch Planungsleistungen übertragen, so etwa wenn der Bauherr für die Planung bis zur Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) zuständig ist, danach aber (ab der Ausführungsplanung) der Generalunternehmer übernimmt. Oft haben sich auf Auftragnehmerseite auch mehrere Unternehmen zur Ausführung gerade dieses Bauauftrages in Form einer Arbeitsgemeinschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) zusammengeschlossen, und zwar für den gesamten Bau oder auch nur für Teile davon (z.B. als ARGE Baugrube für Erd- und Verbauarbeiten).[1]

[1] Die Praxis bedient sich dabei oft des Muster-ARGE-Vertrages, der vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. herausgegeben wird.

B. Bauverträge

I. Standard-Bauvertrag

1. Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 2

Das Werkvertragsrecht des BGB war ursprünglich nicht speziell für die Vertragsbeziehungen zwischen Bauherrn und Bauunternehmer konzipiert worden, obwohl diese den in der Praxis der Gerichte wichtigsten Anwendungsfall des Werkvertragsrechts darstellen.[2] Erst relativ spät waren vereinzelte Regelungen aufgenommen worden, um (auch) baurechtliche Probleme lösen zu können.[3] Am 9.3.2017 allerdings hat der Deutsche Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts (und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung) angenommen, mit Inkrafttreten zum 1.1.2018. Erstmals hat das Bauvertragsrecht damit als Typus des Werkvertragsrechts mehrere eigene Kapitel erhalten (Bauvertrag, Verbraucherbauvertrag, Ingenieur- und Architektenvertrag, Bauträgervertrag).[4]

 

Rz. 3

Die Praxis hatte sich – vom Gesetzgeber lange Zeit allein gelassen – schon sehr früh mit der VOB geholfen. Unter Federführung des Reichsfinanzministeriums wurden 1926 einheitliche Grundsätze für die Vergabe von Bauleistungen für Reich und Länder beschlossen. Die VOB Teil B enthält seitdem – wenngleich mehrfach geändert – die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen. Obwohl zunächst nur für Verträge des Reichs und der Länder mit Bauunternehmen entworfen, geht die Bedeutung weit über die öffentliche Bauvergabe hinaus. Wohl die meisten Verträge greifen auf die VOB/B zurück. Dabei handelt es sich um eine "bereitliegende Vertragsordnung", oder wenn sie – wie häufig – einseitig verwendet wird, um allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies wirft die Frage nach der Wirksamkeit der in den Vertrag einbezogenen Klauseln auf (§§ 307 ff. BGB).

 

Rz. 4

Hierzu hatte der BGH zunächst noch ausgeführt, die VOB/B sei von den Interessengruppen der Auftraggeber und Unternehmer ausgehandelt worden. Trotz einzelner Defizite enthalte sie einen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen. Dieser werde bei einer Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen gestört. Solange die VOB/B ohne ins Gewicht fallende Einschränkungen (im Wesentlichen als Ganzes) übernommen werde, scheide eine Inhaltskontrolle aus.[5] Später wurde die Rechtsprechung verschärft:

Es sollte nun jede inhaltliche Abweichung von der VOB/B eine Störung des von ihr beabsichtigten Interessenausgleichs darstellen und zur Inhaltskontrolle aller verbleibenden Klauseln führen.[6] Für den geschäftlichen Verkehr wurde diese Rechtsprechung mit dem Forderungssicherungsgesetz umgesetzt. Nach § 310 Abs. 1 S. 3 BGB findet in den Fällen, in denen die VOB/B gegenüber einem Unternehmer verwendet wird, eine Inhaltskontrolle (nur) dann nicht statt, wenn die VOB/B in der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses jeweils geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen worden ist.

Das ist in der Praxis freilich selten Fall. Denn aus Sicht des Auftraggebers hat die VOB/B den wesentlichen Nachteil, dass sie für Bauwerke eine vierjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche vorsieht (§ 13 Abs. 4 S. 1 VOB/B), das BGB dagegen eine fünfjährige Verjährungsfrist. Dieser Nachteil lässt sich vertraglich einfach beseitigen; in aller Regel wird die Verjährungsfrist auch in VOB/B-Verträgen auf (mindestens) fünf Jahre verlängert. Die Kehrseite ist, dass mit der Verlängerung der Verjährungsfrist die Vermutung der Ausgewogenheit der VOB/B wegfällt und alle Klauseln der Inhaltskontrolle unterworfen sind. Über die Wirksamkeit der verbleibenden Klauseln hat die Rechtsprechung bislang nur in Einzelfällen entschieden, sodass für den Verwender der modifizierten VOB/B (und den Vertragsgestalter) ein erhebliches Risiko verbleibt.

 

Rz. 5

In Verbraucherverträgen findet eine Inhaltskontrolle zugunsten des Verbrauchers selbst dann statt, wenn die VOB/B ohne Änderungen vereinbart worden si...

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