Rz. 79

Einen in der Praxis leider viel zu selten beschrittenen Weg der Herbeiführung einer Erbauseinandersetzung bildet die Schiedsgerichtsbarkeit. Nach § 1066 ZPO kann der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen bestimmen, dass alle oder bestimmte Streitigkeiten, die ihren Grund in dem Erbfall haben, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte auf ein Schiedsgericht übertragen werden sollen. Als Besonderheit bedarf die Anordnung der Schiedsklausel im Testament grundsätzlich nur der Form der letztwilligen Verfügung.

 

Gestaltungshinweis

Mit der Regelung des § 1066 ZPO hat der Erblasser eine interessante Gestaltungsmöglichkeit, die Streitigkeiten innerhalb seiner Familie allzu neugierigen Blicken der Öffentlichkeit zu entziehen. Insbesondere bei prominenten Familienmitgliedern ist es eine interessante Gestaltungsvariante, von der noch viel zu wenig Gebrauch gemacht wird. Darüber hinaus lässt sich die Gefahr von Fehlentscheidungen durch die Benennung eines auf dem Gebiet des Erbrechtes spezialisierten Fachmannes als Schiedsrichter erheblich reduzieren. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden Erbrechtsprozesse ungeachtet anerkennenswerter Bemühungen nach wie vor häufig durch nicht spezialisierte Richter entschieden.

 

Rz. 80

Enthält das Testament keine Schiedsgerichtsklausel, so können im Streitfall die beteiligten Miterben – soweit wenigstens insoweit Einigkeit besteht – den Streit der Öffentlichkeit dadurch entziehen, dass sie nunmehr – nachträglich – die Entscheidung der Auseinandersetzung in einem schiedsrichterlichen Verfahren vereinbaren. Zu beachten ist die in § 1031 ZPO vorgeschriebene besondere Schriftform der Schiedsvereinbarung. Aus § 1032 Abs. 3 ZPO ergibt sich, dass ein Schiedsverfahren sogar noch dann anhängig gemacht werden kann, wenn bereits eine Klage vor dem staatlichen Gericht anhängig ist. Die vor dem staatlichen Gericht anhängig gemachte Klage müsste jedoch dann alsbald zurückgenommen, zumindest aber in der Hauptsache für erledigt erklärt werden.[108]

 

Praxishinweis

Häufig wird der Testamentsvollstrecker als Schiedsrichter eingesetzt. Hiergegen bestehen keine Bedenken, solange er nicht in eigenen Belangen entscheidet.[109] Das Verfahren über die Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB kann nicht dem Nachlassgericht entzogen und dem Schiedsgericht zugewiesen werden.[110] Hier ist eher Vorsicht geboten. Gleiches gilt für Streitigkeiten mit den Pflichtteilsberechtigten.[111]

[108] Zur Schiedsgerichtsbarkeit vgl. Schiffer/v. Schubert, in: Schiffer/Rödl/Rott, Haftungsgefahren im Unternehmen, Rn 2428 ff. und speziell im Erbrecht Reimann, Testamentsvollstrecker und Schiedsgerichte – Länderbericht Deutschland, Schweizer Schriften zur Vermögensberatung und zum Vermögensrecht, S. 1–19.

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