I. Aktenführung, Software

 

Rz. 3

Die Führung einer Testamentsvollstreckerakte bleibt natürlich im Wesentlichen den persönlichen Vorlieben des Testamentsvollstreckers vorbehalten. Von vornherein lösen sollte man sich allerdings von dem Gedanken, dass klassische Aktenformen wie z.B. eine anwaltliche Prozessakte in Form der Hängeakte für Testamentsvollstreckungen geeignet ist. Da mit umfangreichem Schriftverkehr zu rechnen ist, empfiehlt es sich, von vornherein die Testamentsvollstreckerakten in DIN A4-Aktenordnern zu führen und entsprechend der anfallenden Korrespondenz mit den verschiedenen Beteiligten durch Trennblätter zu unterteilen. Die Akte sollte ferner vorne eine Übersicht über die einzelnen Abteilungen enthalten sowie sinnvollerweise eine Kurzübersicht über den Verlauf der Testamentsvollstreckung. Zur Präzision, aber auch zur Vereinfachung der Arbeit trägt es bei, die Testamentsvollstreckerakten in digitaler Form zu führen. Gescannte Dokumente sollten sinnvollerweise gleich in Form durchsuchbarer PDF-Dateien angelegt werden. Dies erleichtert nicht nur das Auffinden bestimmter Dokumente, sondern auch die spätere Verwendung in möglichen Prozesssituationen. Anwälte sind seit dem 1.1.2022 verpflichtet, Anlagen zu gerichtlichen Schriftsätzen in diesem Format einzureichen. Weiterhin empfiehlt es sich, Original-Akten des Erblassers nach Möglichkeit unverändert zu lassen, denn diese Akten stehen nach Abschluss der Testamentsvollstreckung dem Erben zu. Eine etwaige Vermengung von Akten des Erblassers mit eigenen Schriftstücken führt zu dem Problem, beim Abschluss der Testamentsvollstreckung Aufwand für die Separierung der Schriftstücke zu haben.[4] Im Übrigen gilt natürlich der allgemeine Beratergrundsatz, dass Akten stets unter dem Gesichtspunkt geführt werden sollten, dass der Auftraggeber von heute der Gegner von morgen sein kann, in besonderem Maße auch für die Testamentsvollstreckerakte.

Hilfreich ist es auch, auf spezielle Testamentsvollstrecker-Software zurückzugreifen.[5] Diese erleichtert das Sortieren und die Verwaltung von Unterlagen sowie die Erstellung der Verzeichnisse und die Rechnungslegung.

[4] Unabhängig davon empfiehlt sich natürlich, zum Abschluss der Testamentsvollstreckung eine Abschlussvereinbarung mit den Erben zu schließen, die auch den Umgang mit den Akten regelt. Erfahrungsgemäß sind die Erben, wenn sie keine Bedenken gegen die Amtsführung des Testamentsvollstreckers haben, an der Herausgabe der Akten gar nicht interessiert. Insoweit bietet es sich an, mit den Erben die datenschutzkonforme Entsorgung zu vereinbaren.
[5] Z.B. Protevos, siehe www.protevos.de.

II. Kontenführung

 

Rz. 4

Die Einrichtung eines Sonderkontos in der besonderen Form des Anderkontos empfiehlt sich eigentlich bei jeder Testamentsvollstreckung, ausgenommen eventueller Dürftigkeitsfälle. Über dieses Konto sind sodann sämtliche Transaktionen, die den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass betreffen, abzuwickeln. Auch etwa vorgefundenes Bargeld ist hier einzuzahlen.[6] Alternativ kommt die Fortführung eines vorhandenen Erblasserkontos in Betracht, wenn die Bank bereit ist, das Konto als Nachlasskonto umzuschreiben und die ausschließliche Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers sichergestellt ist.

 

Rz. 5

Befindet sich im Nachlass größeres Geldvermögen oder ist durch die Verwertung von Vermögensgegenständen ein entsprechender Zufluss zu erwarten, sollte neben dem Sonderkonto auch ein Tagesgeldkonto eingerichtet werden, sodass eine angemessene Verzinsung des Nachlassvermögens realisiert werden kann. Das setzt natürlich entsprechende Angebote seriöser Banken voraus.

 

Rz. 6

Im Rahmen einer Nachlasspflegschaft gibt es auch für Aktienvermögen keine generelle Pflicht zur Umschichtung in eine mündelsichere Anlage. Der Nachlasspfleger hat vielmehr im Einzelfall unter Würdigung aller Vermögenspositionen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, inwieweit im Hinblick auf die nach Kapitalanlagekriterien zu ermittelnden Risiken eine Fortführung des Aktieninvestments vertretbar erscheint.[7] Diese Grundsätze lassen sich auch auf den Testamentsvollstrecker übertragen.[8]

 

Praxishinweis

Häufig sind Banken erst auf Insistieren bereit, verzinsliche Tages-/Festgeldkonten als Anderkonten zur Verfügung zu stellen. Ggf. hat der Testamentsvollstrecker die Bank zu wechseln. Er darf sich im Rahmen der von ihm geschuldeten ordnungsgemäßen Verwaltung nicht mit einem bloß mäßigen Erfolg seiner Tätigkeit begnügen.

[6] Häufig finden sich in Nachlässen noch DM-Bestände als Bargeld. Diese können bei den Filialen der Deutschen Bundesbank umgetauscht werden (www.bundesbank.de).
[7] OLG Braunschweig, Beschl. v. 24.4.2020 – 3 W 37/20, m.Anm. Reinert, jurisPR-FamR 18/2020 Anm. 2.
[8] Zu der Frage, ob bestimmte Aktien veräußert oder noch gehalten werden sollen, kann sich der Testamentsvollstrecker an den jährlichen Sachverständigengutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung orientieren (https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/publ...

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