Rz. 23

Die für die Praxis wichtigsten Regelungen zur Einigungsgebühr finden sich in VV 1000 und 1003 RVG.

In der Praxis hat die Einigungsgebühr eine erhöhte Bedeutung. Durch den Wegfall der Notwendigkeit eines gegenseitigen Nachgebens, wie sie früher für den Anfall einer Vergleichsgebühr gefordert wurde, können nunmehr auch Ratenzahlungsvereinbarungen als Einigung nach VV 1000 RVG abgerechnet werden. Wie sich aus der Begründung zu VV 1000 RVG ergibt, liegt eine Einigung dann vor, wenn durch Vertrag der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Ein vollständiges Anerkenntnis oder vollständiger Verzicht sollen jedoch nicht für den zusätzlichen Anfall einer Einigungsgebühr ausreichen.

Fraglich ist jedoch, ob sog. Zwischenvergleiche ebenfalls eine Einigungsgebühr auslösen können. Darunter versteht man z.B. Einigungen über die Person eines Sachverständigen oder die Höhe eines Anspruchs, behält sich aber weiterhin wegen des Grundes einen Vorbehalt vor. Nach hiesiger Auffassung[29] dürfte angesichts der Begründung keine Einigungsgebühr mit Zwischenvergleichen verdient sein, denn der Gesetzgeber wollte, dass das gesamte Rechtsverhältnis geklärt ist und nicht nur Teilfragen.

Ferner ist problematisch, ob bei einer Klagerücknahme eine Einigungsgebühr verdient werden kann. Dies wird man jedoch nur befürworten können, wenn die Klagerücknahme Zug um Zug gegen ein Anerkenntnis erfolgt.[30]

Bei Rücknahme eines Rechtsmittels wie z.B. die Berufung kann dann eine Einigungsgebühr anfallen, wenn der auf der Gegenseite dann vereinbarungsgemäß für längere Zeit nicht aus dem Urteil vollstreckt werden soll.

 

Rz. 24

Die Gebühr sinkt (von 1,5 auf 1,0), wenn ein gerichtliches Verfahren außer einem selbstständigen Beweisverfahren anhängig ist. Unter einem gerichtlichen Verfahren ist auch ein PKH-Verfahren zu verstehen. PKH-Anträge sind jedoch nicht gebührenmindernd zu berücksichtigen, wenn sie nur für die gerichtliche Protokollierung eines Vergleichs über eine bis dato noch nicht anhängige Sache oder die Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 3 RVG gestellt wurden.

 

Rz. 25

Im Zusammenhang mit der Einigungsgebühr ist auf eine Besonderheit hinzuweisen. Sofern die Einigung formbedürftig ist, so ersetzt die gerichtliche Protokollierung gem. § 127a BGB die notwendige Form. Voraussetzung ist aber, dass ein ausdrücklicher Vergleich protokolliert wird und nicht nur eine bloße Einigung, denn § 127a BGB ist nicht an den Wortlaut der VV1000 RVG angepasst worden und benutzt weiterhin das Wort Vergleich.

Soll im Rahmen einer Erbauseinandersetzung gleich die Auflassung eines Grundstückes erklärt werden, so bedarf wegen § 313 S. 1 BGB diese Auflassung der notariellen Beurkundung. Diese notarielle Beurkundung kann nur dann durch einen protokollierten gerichtlichen Vergleich ersetzt werden. Haben sich die Parteien nur geeinigt, fehlt es an der wirksamen Form des § 127a BGB. In diesem Zusammenhang sollte auch darauf geachtet werden, dass der Vergleich vor Gericht in der Verhandlung noch einmal vorgelesen und genehmigt wird. Die Protokollierungsform der §§ 160 ff. ZPO sind unbedingt einzuhalten. Nicht zwingend ist es, dass die Parteien die Vereinbarung als Vergleich bezeichnen.[31]

[29] A.A. N. Schneider, AnwBl 2004, 136.
[30] So auch N. Schneider, in: Schneider/Wolf, VV 1000 Rn 87 f.
[31] Hartmann, Kostengesetze, VV 1000 Rn 6.

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