I. Verhüllungsverbot

 

Rz. 11

Seit 19.10.2017 gilt für Fahrer eines Kraftfahrzeuges ein Verhüllungsverbot. Die Regelung ist verfassungsgemäß (BVerfG zfs 2018, 230).

II. Belehrungspflicht

 

Rz. 12

Der Halter muss, solange er nicht als Täter ausgeschlossen werden kann, vor der Ansprache belehrt werden (BVerfG DAR 1999, 65; AG Bayreuth NZV 2003, 302; LG Saarbrücken zfs 2013, 590).

III. Wohnungsdurchsuchung oder Zwangsmaßnahmen

1. Wohnungsdurchsuchung

 

Rz. 13

Bei einfachen bis mittleren Ordnungswidrigkeiten ist eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig (BVerfG zfs 2007, 53) bzw. verstößt gegen Art. 8 EMRK (EGMR NJW 2006, 1495). Im Falle schwerwiegender Ordnungswidrigkeiten soll dies allerdings anders zu beurteilen sein (BVerfG zfs 2007, 655), nicht jedoch, wenn die Durchsuchung allein der Auffindung des Führerscheins dient (AG Elmshorn DAR 2014, 402). Nach LG Lüneburg (NZV 2011, 153) ist die Durchsuchung zur Vollstreckung eines Fahrverbotes jedoch dann zulässig, wenn dieses von einem Richter angeordnet worden ist.

2. Erkennungsdienstliche Maßnahmen bzw. zwangsweise Vorführung

 

Rz. 14

Von dem einer (straßenverkehrsrechtlichen) Straftat verdächtigen Betroffenen dürfen im Rahmen des § 81b StPO Lichtbilder angefertigt werden. Dies schließt ggf. auch eine zwangsweise Vorführung mit ein (LG Zweibrücken NZV 2000, 101).

Solche im Strafverfahren ohne Weiteres zulässigen schweren Eingriffe sind im Ordnungswidrigkeitenrecht wegen des hier besonders zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht zulässig (BVerfGE 27, 211). Selbst wenn man die Auffassung verträte, dass bei schwersten Ordnungswidrigkeiten auch solche Eingriffe grundsätzlich zulässig seien, müssten auf jeden Fall andere weniger belastende Möglichkeiten zur Aufklärung vorrangig genutzt werden (AG Hamburg StV 1985, 364). So ist z.B. die erkennungsdienstliche Behandlung des Betroffenen durch die Polizei außerhalb der Hauptverhandlung unzulässig, wenn ein anthropologischer Sachverständiger in der Lage ist, im Rahmen eines Hauptverhandlungstermins ein Gutachten zu erstellen (OLG Stuttgart NZV 2015, 562).

Auch wenn eine solche Anordnung im Ausnahmefall zulässig wäre, ist zu beachten, dass die Anordnung der zwangsweisen Vorführung dann dem Richter vorbehalten wäre (§ 46 Abs. 5 S. 1 OWiG).

3. Entnahme und Untersuchung von Körperzellen

 

Rz. 15

Gemäß § 46 Abs. 4 S. 1 OWiG ist die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung gem. § 81e StPO unzulässig. Daraus folgt, dass bereits die zwangsweise Entnahme von Körperzellen zu diesem Zweck unzulässig ist (LG Osnabrück MittBl 2007, 135).

4. Mautdaten

 

Rz. 16

Die Beschlagnahme von Mautdaten ist selbst dann unzulässig, wenn mit ihnen eine schwere Straftat aufgeklärt werden soll (LG Magdeburg NZV 2006, 319).

5. Veröffentlichung von Lichtbildern

 

Rz. 17

In einem OWi-Verfahren ist die im Strafrecht gem. § 131b Abs. 1 StPO mögliche Veröffentlichung von Lichtbildern zur Identitätsfeststellung unzulässig, denn Regelungen der StPO, die selbst im Strafverfahren nur bei bestimmten Straftaten oder - wie im Falle des § 131b Abs. 1 StPO - nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung anzuwenden sind, können auch nicht über § 46 OWiG auf das Bußgeldverfahren übertragen werden. Auch § 46 OWiG lässt nur eine sinngemäße Anwendung der StPO-Vorschriften auf das Bußgeldverfahren zu (LG Bonn NZV 2006, 163).

IV. Frontfoto

 

Rz. 18

 

Achtung: Beifahrer und Datenschutz

Aus Datenschutzgründen soll der auf dem Messfoto mitabgebildete Beifahrer unkenntlich gemacht werden. Ist dies jedoch nicht geschehen, kann sich der Fahrer nicht auf ein ihn betreffendes Beweiserhebungsverbot berufen (AG Herford DAR 2010, 592).

1. Einlassung

 

Rz. 19

In der Regel arbeitet die Polizei heute nicht mehr mit Anhalteposten. Es werden vielmehr Frontfotos gefertigt, mit deren Hilfe der verantwortliche Fahrzeugführer identifiziert werden soll.

 

Rz. 20

 

Tipp

Ohne das Frontfoto gesehen zu haben, sollte man keine Einlassung abgeben, denn Statistiken weisen aus, dass fast 15 % der Frontfotos zur Täteridentifizierung nicht geeignet sind.

2. Befragung von Nachbarn oder Arbeitskollegen

 

Rz. 21

Häufig versuchen Polizeibeamte, den Verantwortlichen durch Befragung von Nachbarn oder Arbeitskollegen zu ermitteln, indem sie ihnen das Täterfoto vorlegen. Darauf muss der Verteidiger den Betroffenen schon bei der Erstberatung hinweisen, vor allem auch darauf, dass nicht nur Angehörige, sondern auch Nachbarn oder Arbeitskollegen nicht verpflichtet sind, der Polizei gegenüber (soweit sie nicht selbst Bußgeldbehörde ist) Angaben zu machen.

3. Passfoto und Datenschutz

a) Umfang

 

Rz. 22

Oft beachten Polizeibeamte nicht, dass sie auch bei ihren Ermittlungen datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten haben. Stattdessen nehmen sie ohne Weiteres Einsicht in die Passunterlagen der zuständigen Meldebehörde, mit dem Ziel durch einen Vergleich des dortigen Passfotos mit dem Fahrerfoto den Fahrer zu überführen.

Das stellt ebenso einen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen dar, wie wenn zur Identifizierung Einsicht in die Kartei genommen wird, bevor der Verdächtigte überhaupt Gelegenheit zur Äußerung hatte, denn die Einsichtnahme in die Unterlagen einer anderen Behörde ist erst dann zulässig, wenn der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung gem. § 55 OWiG hatte und die Polizei zuvor auf anderem Wege vergeblich versu...

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