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Lebzeitige Übertragungen können ein Teil der Nachlassgestaltung sein oder auch unabhängig davon erbrechtliche Bedeutung haben. Grundsätzlich darf jedermann über sein Vermögen beliebig verfügen. Diese Freiheit kann aber auf zwei Arten beschränkt werden: Der potentielle Erblasser kann sich zum einen selbst durch ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag binden (vgl. § 2287 BGB). Zum anderen können bei mehr als einem Abkömmling Ausgleichspflichten entstehen (§§ 2050 ff., 2316 BGB, vgl. § 7)[12] und die Existenz von Pflichtteilsberechtigten kann zur Beachtung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen zwingen (§§ 2325 ff. BGB).[13] Dabei ist die Beschränkung des zukünftigen Erblassers indirekt. Er kann durchaus trotz eines bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testaments unentgeltlich über sein Vermögen verfügen[14] und etwa von mehreren Abkömmlingen einen bevorzugen. Erst nach dem Erbfall können sich Berechtigte und Bedachte über einen Ausgleich streiten. Der Mandant, der sich im Rahmen der Nachlassgestaltung oder für eine lebzeitige Verfügung beraten lässt, wird aber solche Konflikte gerade vermeiden wollen. Die Aufgabe des Rechtsanwalts oder Notars ist es dann, vorausschauend zu beraten.

Problematisch sind dabei regelmäßig teilweise und vollständig unentgeltliche Übertragungen. Sobald der Erblasser eine adäquate Gegenleistung erhält, scheiden Ausgleichs- und Pflichtteilsergänzungsansprüche aus.

Von den verschiedenen bei lebzeitigen Verfügungen erbrechtlich bedeutsamen Fragen sind mit Blick auf die Erbengemeinschaft typischerweise die Ausgleichsansprüche relevant (siehe § 7). Aber auch Pflichtteilsansprüche können für eine Erbengemeinschaft erheblich belastend sein. Auf die Möglichkeiten lebzeitiger Regelungen etwa durch einen Verzicht soll hier eingegangen werden, da mit ihnen weite Gestaltungsspielräume geschaffen werden, um eine Erbengemeinschaft zu vermeiden oder zumindest dem Entstehen von Konflikten vorzubeugen.

[12] Bonefeld/Bittler, Haftungsfallen, § 9 Rn 7–15.
[13] Vgl. Cornelius, Pflichtteilsergänzungsanspruch.
[14] Für den Erblasser beim Erbvertrag oder gemeinschaftlichen Testament ergibt sich das direkt aus § 2286 BGB; vgl. zudem Damrau/Tanck/Krüger, § 2287 Rn 1 f.

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